Zeitgenössische Architektur in Bayern

Blick in den Mode-Kosmos

Buchtipp | Für "Fashion at Home" besuchten Christine Mortag und Dennis Braatz 19 deutsche Modedesigner. Mit vielen Fotos und Texten erlauben sie einen Einblick in unterschiedlichste Welten – vom Anwesen im Chiemgau bis zum WG-Zimmer in Berlin und Zürich.

Wie entstand die Idee zu „Fashion at Home"?

Christine Mortag: In der Zeitschrift „Cover", wo ich und mein Co-Autor Dennis Braatz früher gearbeitet haben, gab es eine Rubrik „Kreative Frauen und ihr Kleiderschrank". Darauf aufbauend haben wir für den Callwey Verlag das Konzept zu einem Buch unter dem Motto „Wo die deutsche Mode zuhause ist" entwickelt. Wir waren neugierig, wie sich diejenigen einrichten, die Mode machen, und was sie selber gern tragen. Gleichzeitig wollten wir einen Überblick über die Labels aus Deutschland geben und zeigen, dass sie sich im internationalen Vergleich nicht verstecken müssen.

Wie viele Wunschkandidaten haben Sie dafür angefragt?

Christine Mortag: Sicher 50 bis 60, wobei das Feld hierzulande begrenzt war. Letztendlich haben dann 19 zugesagt und uns ihren Kosmos für ein Interview plus Fotoproduktion geöffnet. Insgesamt ist das eine breit gefächerte Mischung vom maßgeschneiderten Anwesen im Chiemgau bis zu einfachen WG-Zimmern und kleinen Altbauwohnungen in Berlin oder Zürich.

Gab es trotz aller Unterschiede auch einen gemeinsamen roten Faden?

Christine Mortag: Mit jedem Besuch hat sich für uns mehr herauskristallisiert, wie sehr der Einrichtungsstil dem jeweiligen Modestil entspricht. Frank Leder zum Beispiel, der deutsche Kultur und Geschichte zeitgemäß interpretiert, umgibt sich zu Hause mit alten Dingen und druckt sogar seine Visitenkarten auf Packpapier mit Patina. Bei Markus Meindl, der Spezialist für alpenländische Ledermode ist, sind die Sofas aus Hirschleder, wird viel Holz verwendet, gibt es viele Bezüge zur Natur. Interessant war außerdem, dass kaum einer ein Teil von Ikea hatte. Vintage-Stücke vom Flohmarkt oder Trödler wurden mit Design-Klassikern und anderen, zum Teil über viele Jahre hinweg gesammelten Lieblingssachen kombiniert, an denen die meisten sehr hingen.

Man hätte ja auch denken können, dass sich die meisten am liebsten mit einem neutralen, reduzierten Umfeld als Kontrast zur beruflichen Material- und Farbvielfalt umgeben.

Christine Mortag: Ich war auch davon ausgegangen, dass Designer im privaten Umfeld optische Ruhe brauchen. Aber es gab nur wenige Beispiele, die minimalistisch eingerichtet waren. Bei den meisten war das Gegenteil der Fall. Einige Wohnungen waren sehr vollgestellt und hatten keine Scheu vor Kitsch. So hat Marina Hoermanseder eine Hello Kitty-Sammlung. Und bei Johnny Talbot und Adrian Runhof saßen im Münchner Gärtnerplatzviertel Plüschtiere am Fenster – allerdings nicht zufällig, sondern fein säuberlich drapiert und allesamt mit Blick nach draußen. 

Hatten Sie den Eindruck, dass die Wohnungen auch repräsentativen Charakter haben?

Christine Mortag: Im Fall von Frauke Gembalies und Frank Leder vielleicht, bei denen die Wohnung auch ein Showroom ist. Aber ansonsten schienen das Privaträume zu sein, durch die nicht ständig Besucher durchgeschickt werden. Insgesamt war nichts von der Stange oder von einem Interior Designer nach einem bestimmten Trend gestylt. Talbot und Runhof haben das schön ausgedrückt: Ein Zuhause muss wachsen.

Spielte neben dem Innen auch das Außen, also die Architektur, eine Rolle?

Christine Mortag: Besonderheiten in dieser Hinsicht waren das bis ins letzte Detail durchgeplante Landhaus von Markus Meindl, das Wasserschlösschen von Otto Drögsler und Jörg Ehrlich oder das römische Zuhause von Mafalda von Hessen. Ansonsten leben fast alle Designer in Wohnungen, unter denen das ausgebaute Dachgeschoss von Talbot Runhof die ungewöhnlichste war. Insofern spielen weniger besonders gestaltete Räume als ihr Inhalt eine Rolle. Vor unseren Besuchen hätte ich mir das alles viel luxuriöser vorgestellt und fand es beruhigend, dass das nicht der Fall war. Wie es bei deutschen Modemachern aussieht, ist keine Frage des Geldes sondern eher ein Spiegel der jeweiligen Person. Insofern gab es keinen Neidfaktor, sondern nette, nachahmenswerte Details wie mit gutem Händchen ausgesuchte Kunst.

"Fashion at Home" von Christine Mortag und Dennis Braatz, ab dem 09. September im Callwey Verlag. ISBN: 978-3-7667-2164-8