Rückblick auf zwei dichte Tage zwischen Haltung, Handwerk und Zukunft – der Werkbund Bayern lud zu Symposium und Praxistag in die PDM ein. Hier die interessanten Referenten und besten Beiträge.
REPAIR – Rückblick auf zwei dichte Tage zwischen Haltung, Handwerk und Zukunft
550 Gäste, 29 Referent:innen und zwei Orte – mit diesem starken Setting hat der Deutsche Werkbund Bayern Ende November ein Format auf die Bühne gebracht, das seinem Titel alle Ehre machte. REPAIR war mehr als ein Symposium. Es war ein Plädoyer dafür, Reparatur als kulturelle, gestalterische und gesellschaftliche Aufgabe neu zu bewerten; als notwendige Haltung in einer Zeit, in der Weiterbauen, Weiterdenken und Weiternutzen entscheidend werden.
Die Pinakothek der Moderne und der Pavillon 333 boten dafür die passende Bühne: zwei Orte, die selbst für Wandel und Offenheit stehen. Hier wurde sichtbar, wie breit das Thema Reparatur heute gefasst werden muss. Landschaften, Städte, Gebäude, Produkte – nichts bleibt unberührt, wenn es um die Zukunftsfähigkeit unserer gestalteten Umwelt geht.
Nina von der Recke, Vorsitzende des Werkbund Bayern, brachte es in ihrer Eröffnung auf den Punkt: Reparatur ist kein nostalgischer Rückgriff, sondern eine zukunftsfähige Lösung für drängende Fragen in Architektur, Design und urbaner Transformation. Der Werkbund, seit über 100 Jahren Impulsgeber für Qualität, Materialgerechtigkeit und Nachhaltigkeit, knüpft mit REPAIR bewusst an seinen historischen Gründungsgedanken an – und denkt ihn angesichts der 2024 verabschiedeten EU-Richtlinie zum „Recht auf Reparatur" weiter.
Der 1. Tag: Reparatur als Entwurfshaltung
Das Symposium startete mit einem inhaltlich dichten Programm im Ernst von Siemens-Auditorium. In drei Sessions – design, scale, practice – machten Referent:innen aus Wissenschaft, Gestaltung, Architektur, Handwerk und Politik deutlich, wie facettenreich das Thema ist. Die Beiträge reichten von baubiologischen Ansätzen über städtebauliche Weiterentwicklungen bis hin zu digitalen Reparaturstrategien. Immer wieder wurde klar: Reparatur ist kein Akt der Wiederherstellung, sondern eine bewusste gestalterische Entscheidung – und damit ein kultureller Wert.
Das abschließende Panel, moderiert von Nadine Vicentini, zeigte die große Bandbreite an Expertise und Perspektiven, die das Thema heute zusammenführt. Vom Recht auf Reparatur über zirkuläre Innenarchitektur bis zu gemeinwohlorientierten Initiativen: Reparatur wird zur Schnittstelle zwischen Innovation und Verantwortung.
Der 2. Tag: REPAIR zum Anfassen
Beim Publikumstag im Pavillon 333 öffnete sich REPAIR für direkte Begegnung mit Praxis, Werkzeugen und Materialien. Hier wurde sichtbar, wie viele Berufsbilder am Thema beteiligt sind – und wie sehr Reparatur auch eine soziale Praxis ist. Repair is care wurde hier zu einem erlebbaren Motto.
Ein Auftakt – und ein Auftrag
REPAIR versteht sich nicht als abgeschlossene Veranstaltung, sondern als Startpunkt. Die Ergebnisse fließen in den kommenden Atlas der Reparatur ein – ein Kompendium, das Beispiele, Positionen und Akteur:innen sichtbar macht. Weitere Formate, Lehrprogramme und Kooperationen sind bereits in Planung.
Getragen wurde das Symposium von einem starken Netzwerk an Partner:innen aus Hochschulen, Museen und Forschung – und nicht zuletzt von einem engagierten Organisationsteam: Nina Kirste, Jan Fischer und Josef Grillmeier, Martin Schnitzer
Referent:innen aus Wissenschaft, Gestaltung, Architektur, Handwerk und Politik beleuchteten Reparatur als kulturelle, gestalterische und wirtschaftliche Aufgabe:
Prof. Dr. Silke Langenberg (ETH Zürich) – Repair – Upgrade – Keep in Place
Prof. Graeme Brooker (Royal College of Art, London) – The superREUSE Manifesto
Prof. Ben Santo (Hochschule München) – Wenn Beständigkeit scheitert
Prof. Niklas Fanelsa (TUM) - Bioregionale Architektur und Design Praxis
Susanne Grillmeier (LHM) - Neuperlach: Von der Stadt der Moderne zum gemischten Quartier
Christoph Zeller, Zeller & Moye (Berlin/Mexiko) - Palimpsest Barragán - Verfall und Wiederentdeckung einer Architekturikone im Dschungel
Yves Ebnöther (ZHAW Winterthur) - Parametric Off-Cut Furniture
Wolfgang Bücherl (Europäische Kommission) - Das Recht auf Reparatur
Matthias Brenner (ETH Zürich) - Digitale Reparaturstrategien für Metallfassaden des späten 20. Jahrhunderts – zwischen Analyse und Fertigung
Markus Stenger (Stenger2 Architekten) - Gedanken zur Reparatur unserer gebauten Welt
Linn Quante, anstiftung - Das Netzwerk Reparatur-Initiativen
Fazit
REPAIR hat gezeigt, dass der entscheidende Weg nicht im Ersetzen liegt, sondern im Weiterdenken des Bestehenden – und im Neubewerten dessen, was wir produzieren. Mit hoher Resonanz, interdisziplinärer Expertise und viel gestalterischem Mut hat das Symposium einen starken Impuls für eine zeitgemäße Reparaturkultur gesetzt. Der Anfang ist gemacht. Denn REPAIR geht weiter:
Ausblick
Das Symposium versteht sich als Auftakt einer langfristigen, umfassenden Initiative. Die Ergebnisse der beiden Tage fließen in die Publikation Atlas der Reparatur ein – ein Kompendium von Beispielen, Positionen und Akteur:innen der Reparaturkultur. REPAIR ist dabei Startpunkt und Aufruf, das Thema in das eigene Umfeld, Institutionen, Firmen und Organisationen zu bringen
Weitere Veranstaltungen, Lehrthemen und Programme folgen, um das Thema dauerhaft im Werkbund und seinen Partnerinstitutionen zu verankern.
Alle anderen Fotos sind von mir gemacht worden.