Zeitgenössische Architektur in Bayern

Sichtbar sicher – Sicherheitskennzeichnungen in Gebäuden

Sichtbar sicher – Sicherheitskennzeichnungen in Gebäuden

Ob Bürogebäude, Hotel oder Museum – wo Menschen sich aufhalten, muss Orientierung gewährleistet sein. Sicherheit ist kein Beiwerk, sondern Grundvoraussetzung für funktionierende Architektur. Im Ernstfall zählen nicht Design oder Komfort, sondern klare visuelle Hinweise. Für Architekten stellen diese Schilder oft einen ungeliebten gestalterischen Störfaktor da; Sicherheitskennzeichnungen dürfen zwar unscheinbar, aber nicht verzichtbar sein, denn sie können Leben retten – vorausgesetzt, sie sind durchdacht, sichtbar und korrekt platziert.

Warum Sicherheitskennzeichnungen von Beginn an mitgeplant werden sollten

Bei der Planung von Gebäuden wird die visuelle Kommunikation oft stiefmütterlich behandelt. Sicherheitskennzeichen wirken dann wie nachträglich angebrachte Pflichtsymbole – selten eingebettet in das architektonische Konzept. Dabei leisten sie einen wesentlichen Beitrag zur strukturellen Lesbarkeit eines Gebäudes.

Wer beispielsweise Flucht- und Rettungswege kennzeichnen möchte, muss mehr tun, als grüne Pfeile anzubringen. Es geht um das Zusammenspiel von Materialwahl, Positionierung, Lichtsituation und Bewegungsfluss. Nur wenn diese Elemente harmonieren, erfüllen die Kennzeichen ihren Zweck: Orientierung unter Stress.

Gesetze, Normen und Verantwortung

In Deutschland regelt eine Vielzahl von Vorschriften die Sicherheitskennzeichnung. Dazu zählen unter anderem:

  •  die Arbeitsstättenverordnung (ArbStättV),
  •  die Technischen Regeln für Arbeitsstätten (ASR A1.3) sowie
  •  die internationale Norm ISO 7010.

Ziel ist ein einheitliches System, das weltweit verstanden wird. Die Normen schreiben nicht nur Piktogramme und Farben vor, sondern auch Mindestgrößen, Kontraste und Beleuchtung. Betreiber sind verpflichtet, Gefahren zu kennzeichnen, Fluchtwege sichtbar zu machen und Rettungseinrichtungen eindeutig zu markieren.

Doch der gesetzliche Rahmen allein genügt nicht. Entscheidend ist dietatsächliche Umsetzung im Raum– und die ist komplexer, als sie auf den ersten Blick erscheint.

Typen von Sicherheitskennzeichen – und ihre Funktionen

In der Praxis begegnet man verschiedenen Arten von Sicherheitskennzeichnung. Sie lassen sich grob in vier Kategorien einteilen:

  1. Rettungszeichen – zeigen Fluchtwege, Notausgänge, Erste-Hilfe-Einrichtungen.
  2. Verbotszeichen – weisen auf unerlaubte Handlungen hin.
  3. Gebotszeichen – schreiben bestimmte Schutzmaßnahmen vor.
  4. Warnzeichen – machen auf Gefahrenquellen aufmerksam.

Diese Zeichen müssen auffallen, intuitiv verständlich und normgerecht platziert sein. Besonders in komplexen Gebäuden mit vielen Besuchern – etwa Einkaufszentren, Bahnhöfen oder Kliniken – entscheidet die Qualität der Kennzeichnung über sichere Evakuierung.

Zwischen Designanspruch und Sicherheitslogik

Architektur will heute mehr denn je ästhetisch überzeugen - insbesondere bei Design-Hotels. Sicherheitskennzeichnung hingegen folgt strengen funktionalen Vorgaben. Hier treffen zwei Welten aufeinander. Die Herausforderung: ein harmonisches Nebeneinander von Gestaltung und Sicherheitslogik.

Es gibt inzwischen Lösungen, die beide Anforderungen vereinen. Transparente oder zurückhaltend gestaltete Materialien, integrierte Lichtsysteme und wandbündige Installationen ermöglichen eine subtile, aber wirksame Sicherheitskommunikation. Entscheidend bleibt: Sichtbarkeit muss Vorrang haben – immer.

Die häufigsten Fehler in der Praxis

In der Realität zeigen sich zahlreiche Mängel – oft aus Unwissenheit, manchmal aus Nachlässigkeit. Hinzu kommt, dass Sicherheitskonzepte häufig nicht regelmäßig überprüft und an veränderte Gegebenheiten angepasst werden. Zu den häufigsten Fehlern zählen:

  • Falsche oder veraltete Symbole: ISO 7010 hat viele ältere Kennzeichen abgelöst – etwa das bekannte „Notausgang-Männchen“ aus den 70ern. Wer veraltete Symbole einsetzt, riskiert Missverständnisse und erfüllt unter Umständen nicht mehr die gesetzlichen Mindestanforderungen.

  • Zu geringe Leuchtkraft: Kennzeichen, die bei Stromausfall nicht sichtbar bleiben, erfüllen ihren Zweck nicht. Besonders problematisch ist das in großen Gebäuden ohne Tageslicht – etwa in Tiefgaragen oder unterirdischen Technikbereichen.

  • Ungünstige Platzierung: Schilder, die von Möbeln oder Türen verdeckt werden, verlieren ihre Funktion. Auch eine zu hohe oder zu niedrige Montagehöhe kann dazu führen, dass die Zeichen übersehen werden – vor allem in stressigen Situationen.

  • Sprachliche  Ergänzungen ohne Not: Texte auf Schildern verzögern die Wahrnehmung. Piktogramme sollten für sich stehen. Zudem kann sprachliche Redundanz in mehrsprachigen Umgebungen zu zusätzlicher Verwirrung führen.

Besondere Anforderungen an öffentliche Gebäude

In öffentlich zugänglichen Gebäuden muss Sicherheitskennzeichnung barrierefrei sein. Das bedeutet: ausreichende Kontraste, verständliche Symbole, tastbare Elemente für sehbehinderte Menschen. In manchen Fällen sind zusätzliche Hinweise in Blindenschrift vorgeschrieben.

Auch temporäre Anpassungen – etwa bei Veranstaltungen – stellen Betreiber vor Herausforderungen. Mobile Leitsysteme, zusätzliche Rettungswege oder alternative Fluchtführungen müssen sichtbar und verständlich gekennzeichnet sein. Wer hier improvisiert, gefährdet Menschenleben.

Licht, Material und Psychologie: drei Erfolgsfaktoren

Gute Sicherheitskennzeichnung ist mehr als bloße Anbringung. Sie nutzt Raum, Licht und Material bewusst. Drei zentrale Faktoren entscheiden über ihre Wirksamkeit – nicht zuletzt, weil sie unmittelbar mit der menschlichen Wahrnehmung und Reaktion in Stresssituationen zusammenhängen.

1. Beleuchtung

Kennzeichen müssen auch bei Dunkelheit oder Stromausfall erkennbar sein. Photolumineszente Materialien sind hier Standard. Zusätzlich helfen gezielt eingesetzte Notleuchten, den Fluchtweg zu strukturieren. In großen Gebäuden oder verwinkelten Anlagen sollte die Ausleuchtung so konzipiert sein, dass sie auch aus verschiedenen Blickwinkeln funktioniert und keine Schattenbereiche entstehen lässt.

2. Materialwahl

Sicherheitszeichen sollten robust, kratzfest und feuerbeständig sein. In Bereichen mit hoher Luftfeuchtigkeit – etwa Schwimmbädern oder Industriehallen – kommen Spezialmaterialien zum Einsatz, die nicht verblassen oder korrodieren. Auch UV-Beständigkeit spielt eine Rolle, insbesondere wenn Kennzeichnungen direkter Sonneneinstrahlung ausgesetzt sind – etwa in lichtdurchfluteten Atrien oder gläsernen Verbindungsbrücken.

3. Psychologische Wirkung

Im Panikfall reagieren Menschen nicht rational. Sie orientieren sich instinktiv an Licht, Farbe und Richtung. Ein durchdachtes Leitsystem kanalisiert Bewegung – auch ohne Sprache. Deshalb muss die visuelle Führung klar, einfach und eindeutig sein. Die Wiedererkennbarkeit der Zeichen im gesamten Gebäude stärkt das Sicherheitsgefühl und sorgt dafür, dass die Orientierung auch in Stressmomenten intuitiv funktioniert.

Fazit: Sicherheit gestalten heißt vorausdenken

Sicherheitskennzeichnung ist nicht nur gesetzliche Pflicht – sie ist Ausdruck von Verantwortung. Sie braucht Planung, Sachverstand und architektonisches Fingerspitzengefühl. Wer sie frühzeitig in den Entwurfsprozess integriert, vermeidet spätere Kompromisse. Gute Architektur leitet – nicht nur im Alltag, sondern vor allem im Ernstfall.