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Werk mit WOW-Effekt

Für das Werk12 haben MVRDV mit N-V-O Nuyken von Oefele Architekten BDA und Stadtplaner den DAM Preis 2021 bekommen. Im Interview spricht Christoph von Oefele über zielstrebige Bauherren, grenzwertige Lasten, kommunikative Gebäude und ein überraschendes städtebauliches Konzept.

Der DAM Preis 2021 für das Werk12 ging an MVRDV und Ihr Büro. Wie kam es zu dieser Zusammenarbeit, Herr Oefele?

Christoph von Oefele: Die Bauherrin – OTEC GmbH & Co. KG – wollte für einen freien Platz im Werksviertel-Mitte ein Gebäude mit großer Anziehungskraft. Zunächst sollte der holländische Pavillon zur Expo 2000, den das renommierte holländische Büro MVRDV entworfen hatte, gekauft werden. Umbau und Transport wären aber zu teuer geworden. Stattdessen wurde MVRDV kurzerhand mit der Planung eines Neubaus beauftragt. Nach dem Vorentwurf war klar, dass für die Umsetzung ein Partner vor Ort gebraucht wurde. Dank der Empfehlung durch Johannes Ernst von Steidle Architekten (verantwortlich für das Gesamtkonzept des Areals) kamen wir ins Spiel und lernten Jacob van Rijs von MVRDV kennen. Ab da war der Grundstein für gegenseitiges Vertrauen gelegt und wir haben eine ARGE zur partnerschaftlichen, transparenten Zusammenarbeit gegründet, bei der wir im ständigen gegenseitigen Austausch waren.

Welche Aufgabenteilung haben Sie vereinbart?

Das Konzept kam von MVRDV. Die Weiterentwicklung zur Realisierbarkeit lag gemeinsam mit hervorragenden Fachplanern bis zu Leistungsphase 5 bei uns. Für die Leistungsphasen 6-9 war Catterfeld Welker verantwortlich.

Ließen sich alle Pläne wie vorgesehen umsetzen?

Ja, aber mit herausfordernden Hürden. Da die spätere Nutzung noch nicht feststand, wollte MVRDV ein Höchstmaß an Flexibilität bei der Raumeinteilung. Innen gibt es deshalb nur Stützen und Decken. Und statt ursprünglich sechs Stockwerken schlug MVRDV fünf Stockwerke mit einer Höhe von je 5,50 Metern vor. Dadurch eröffnet sich die Möglichkeit, auf jedem Stockwerk Galerien einzubauen. Unter dem Strich bleibt dadurch die Anzahl der Quadratmeter gleich bzw. stieg sogar leicht. In unserem Fall waren es insgesamt 7.700 Quadratmeter. 2,42 Meter lichte Raumhöhe im Bereich der Galerien und 5 Meter in den hohen Bereichen entwickeln räumlich einen ungeheuer spannenden Dialog. Auch das Licht wird dadurch sehr tief in das Gebäude gezogen. Alle Etagen sind großflächig verglast, durch einen umlaufenden 3,25 Meter breiten Balkon erweitert und durch Treppen miteinander verbunden.

Was war besonders schwierig?

Das Ganze wurde auf einer bestehenden Tiefgarage errichtet. Außerdem wollte das Fitnessstudio Body + Soul als Ankermieter noch ein Schwimmbad mit 25 Metern Länge, 8 Meter Breite und 1,30 Metern Tiefe im dritten Obergeschoss integrieren. Das waren grenzwertige Lasten für unseren Statiker. Auch die Dichte an Regularien in Deutschland hat es nicht gerade einfach gemacht, den konzeptionellen Ansatz von MVRDV in eine realisierbare Planung zu übersetzen. Hilfreich war die OTEC als zielstrebiger Bauherr, die bei keinem der zahlreichen eigens entwickelten Detailpunkte ins Wackeln geraten ist.

Wer ist außer des Fitnessstudios noch Mieter im Werk12?

Drei Clubs, ein Restaurant und eine Bürofläche mit einem Thinktank von Audi. Damit zeigt sich auch hier wieder ein bunter Mix, den die OTEC im Werksviertel-Mitte mit einem guten Händchen für die Vielfalt unterschiedlichster Menschen zusammenbringt. Erst ihre Mischung macht Urbanität aus.

Also steht Werk12 nicht nur für sich, sondern in einem Gesamtzusammenhang?

Ganz genau. Im Werksviertel-Mitte gibt es ein spannendes städtebauliches Konzept postindustrieller Nutzung, das frühere Gewerbeimmobilien von Pfanni, die saniert und erweitert wurden, mit Neubauten kombiniert. Mit seiner transparenten Fassade zeigt sich Werk12 in jede Richtung offen und kommuniziert mit den anderen Gebäuden.

Ein wichtiger Eyecatcher sind die fünf Meter hohen Buchstaben bzw. Worte, die im Dunkeln in verschiedenen Farben leuchten. Warum und wie kamen die ins Spiel?

MVRDV hatte große Lettern als Kunst am Bau vorgesehen. Für die Auswahl gab es einen Wettbewerb mit zwölf Teilnehmern, den Christian Engelmann und Beate Engl mit ihren allgemeinverständlichen Begriffen aus Donald Duck-Comics gewannen. Die Künstler hatten es nicht leicht, denn ihre einfache Lösung für eine schwierige Aufgabe bedeutet im Hintergrund sehr harte Arbeit. Ihr Beitrag spricht Emotionen an. Für uns ist es eine schöne Erfahrung zu sehen, wie sehr Architektur und Kunst sich gegenseitig bereichern.

Wie kommt Werk12 bei seinen Nutzern und im Umfeld an?

Das Echo der Menschen, die dort arbeiten und trainieren, ist gut. Sie finden Werk12 cool und luftig. Junge User mögen den industriellen Charme. Passanten fallen am meisten die Comic-Begriffe in XXL auf – „AAHHH", „OH", „PUH", „WOW", „HMPF" und „HIHI".

Die Jury des DAM Preises 2021 war von Werk12 ebenfalls sehr angetan. Wann haben Sie erfahren, dass Ihr Gebäude prämiert wird?

In einem mehrstufigen Verfahren haben wir uns erst für die Short List und dann als einer der vier Finalisten qualifiziert. Den Ausschlag gab ein Vorort-Besuch der Jury. Ende 2020 bekamen wir die Information über den Preis, mussten ihn aber noch geheim halten. Nach seiner Bekanntgabe haben die OTEC und wir sehr viel positive Resonanz bekommen.

Rechnen Sie – auch durch MVRDV – mit entsprechenden Folgeaufträgen?

Das würde uns sehr freuen, lässt sich aber nicht vorhersagen. Für die OTEC hatten wir bereits Werk7, die ehemalige Kartoffelhalle von Pfanni, zu einer Veranstaltungshalle umgebaut. Derzeit planen wir Werk13, Anfang Februar war Baubeginn. Hier wird es neben Büro- und Gewerbeflächen auch Platz für Handwerker sowie Künstler und eine Kranhalle geben. Insgesamt entsteht im Werksviertel-Mitte noch viel, was dann der Konzertsaal komplettieren wird. Dieses neue Quartier führt die Stadtentwicklung weiter über den Ostbahnhof hinaus und wird für eine andere Wahrnehmung dieses Teils von München sorgen.

Die Ausstellung "DAM Preises 2021. Die 25 besten Bauten in/aus Deutschland" sind ab Öffnung der Museen bis 13. Juni 2021 im Deutschen Architekturmuseum in Frankfurt am Main zu sehen. 

Weitere Infos: www.n-v-o.com, www.mvrdv.nl; www.dam-preis.de

Werk12-Fotos: DAM: Ossip Von Duivenbode @Ossipomic-Sprüche als Eyecatcher: Außenfassade von Werk12; Porträt: N-V-O: F. Bielmeier