Zeitgenössische Architektur in Bayern

Softchange in Berchtesgaden

Am 1. Mai wurde das ehemalige Hotel InterContinental wiedereröffnet. Ein Interview mit Ludwig Kindelbacher von landau + kindelbacher Architekten Innenarchitekten über das Redesign der Lobby.

"Vor neun Monaten wurde mit dem Freistaat Bayern über eine mögliche Kooperation gesprochen. Jetzt ist das Baby bereits auf der Welt". Mit diesen Worten begrüßte Axel Ludwig, Direktor des Hotel Vier Jahreszeiten Kempinski München, die Gäste beim festlichen Grand Opening des Kempinski Hotel Berchtesgaden am 8. Mai. Fortan versteht sich das Haus mit seinen 138 Zimmern sowie Suiten, das auf 1.000 Meter Höhe auf dem Obersalzberg liegt, als alpines Lifestyle-Resort für "Urlauber aus aller Welt". Frisch gebackener Hotelmanager ist der gebürtige Bayer Werner Müller.

Antoinette Schmelter de Escobar:
Am 1. Mai wurde das ehemalige Hotel InterContinental in Berchtesgaden unter dem neuen Management von Kempinski wiedereröffnet. Welche Rolle hat Ihr Büro dabei gespielt?

Ludwig Kindelbacher:
Nach einem Pitch, bei dem wir unsere Ideen präsentiert haben, sollten wir das Re-Design der Halle übernehmen. Für das Konzept gab es zwei Monate Vorlauf, für die Ausführung der Arbeiten drei Wochen Zeit – eigentlich eine unlösbare Aufgabe. Aber so etwas machen wir gerne.

Was genau war die Vorgabe?

Unter dem Management von Kempinski sollte es eine neue Ausrichtung geben. Insgesamt wollte man weg vom Urbanen und hin zu einem eleganten, alpinen Lifestyle-Resort, um das Hotel viel stärker als zuvor mit der Region zu verbinden. Durch die Nähe zu München sollen Gäste zukünftig im Rahmen von Packages sowohl die Stadt als auch Berchtesgaden als Doppeleffekt erleben.

Was haben Sie vor Ort verändert?

Nach zehn Jahren bestand erheblicher Sanierungsbedarf, der vor allem den dunklen Holzboden und den daran angrenzenden Teppichboden mit einem zu lebhaften Muster in der Lobby betraf. Seine Wirkung fanden wir in Kombination mit den Möbeln und Wänden, die allesamt in rot und braun gehalten waren, beklemmend. Außerdem war der Raum unserer Ansicht nach zu vollgestellt, sodass er trotz seiner zwölf Meter Höhe nicht richtig zur Geltung kam. Für das neue Erscheinungsbild haben wir draußen bei dem Eingang begonnen und das Vordach von rot in lichtes Grau umgeändert. Innen schauen ankommende Gäste zuerst auf einen großen Holztisch, der jahreszeitlich oder passend zu Events dekoriert wird. Über ihm hängt ein großer Leuchter aus Hirschgeweihen. Für den Boden haben wir geseifte Eiche verwendet, die auf einer Größe von 600 m2 gut zu den bereits vorhandenen Wänden aus Stainzer Gneis passt. Der neue Empfangstresen wurde mit Kupfer verkleidet – eine Reminiszenz an die bayerische Bierbrau-Tradition. Die großen Hängelampen haben wir neu mit hellem Stoff und grauem Filzrand bezogen, um deren Massigkeit aufzubrechen. In der Kaminlounge haben wir Sitzgruppen herausgenommen oder neu arrangiert. In die Bibliothek wurden Bücher und Dekorationsgegenstände ansprechend in die hohen Regale eingeräumt und das Sammelsurium an Werbung herausgenommen. All das soll zum längeren Verweilen einladen. Auch die Bar wurde adäquat möbliert. Materialien wie Leinen und Loden oder alpine Motive sorgen für eine Verortung und mehr Wärme. Insgesamt sind die Räume jetzt deutlich strukturierter und aufgeräumter. Ein Fokus liegt zudem auf dem Lichtkonzept – neben der indirekten Beleuchtung durch Leuchten setzen einzelne dekorative Elemente atmosphärische Akzente.

Wie hat die Durchführung der Arbeiten trotz des sehr knappen Zeitrahmens geklappt?

Schon die Abstimmung mit den Bauherren und dem Management war ausgesprochen angenehm, weil wir die gleiche Vision hatten. Sehr gut gefallen hat uns auch die Entscheidungsfreudigkeit, nachdem die Würfel gefallen waren, und dass nichts freigeben wurde, was hinterher nicht durchführbar gewesen wäre. Denn wegen der engen Termine musste alles sehr zügig abgewickelt werden. Bei der Auswahl der Handwerker und Lieferanten haben wir nur einen begrenzten und zum Teil schon bekannten Bieterkreis eingeladen, der personell, finanziell und in Sachen Leistung in der Lage war, die Arbeiten im vorgegebenen Zeitfenster durchzuführen. Das Hotel wurde Kempinski am 9. April übergeben. Erst dann konnten wir aktiv werden, sodass keine Zeit für eine großflächige Vorab-Bemusterung bliebt. Insofern wussten wir nicht genau, wie gut der gewählte Boden und andere Details zu den Wänden passen würden, was ein gewisses Risiko war. Trotzdem waren wir am Schluss zwei Tage früher fertig als notwendig, was das Management kaum fassen konnte. Normalerweise wird in der Nacht vor der Eröffnung immer noch gehämmert.

Ist es angedacht, dass das Hotel über die Lobby hinaus noch verändert wird?

Wir haben jetzt den ersten Schritt gemacht und eine neue Vision für das Hotel aufgemacht, wobei es sich um einen Softchange handelt, weil wir aufgrund der vorhandenen Mittel und dem begrenzten zeitlichen Rahmen nicht alles komplett neu aufstellen konnten. Insofern kann man sich jetzt vorstellen, wie sich das Ganze auch im Bezug auf die Flure, Zimmer, Tagungsräume, Restaurants etc. in einem Zeitraum von drei bis fünf Jahren weiterentwickeln könnte.

Was prädestiniert Sie für neue Aufgaben?

Unser Büro hat vier Standbeine: hochwertigen, privaten Wohnungsbau, Sonderbauten, gewerbliche Immobilien aus den Bereichen Hotel, Gastro, Shops und Office sowie Innenarchitektur. Daher verfügen wir über eine enorme Bandbreite und können umfassende Kombinationen anbieten. Außerdem ist unsere Stärke das Entwickeln und Verwirklichen neuer Konzepte. Das haben wir bereits beim Umbau des ehemaligen Hotels Bayern, heute "Das Tegernsee" bewiesen, bei dem wir die gesamte Innenarchitektur übernommen haben. Dort war keine klassische Hotelarchitektur, sondern ein Ambiente gefragt, das nicht wie jedes andere sein sollte. Denn die Zielgruppe ist viel unterwegs, hat schon alles gesehen. Insofern muss sich ein Haus hervorheben. Sehr stolz sind wir auch auf unser Projekt in Oberlech, wo wir in 2012 das Sechs-Sterne-Chalet "N" auf allerhöchstem Luxusniveau gebaut haben.

Seit wann sind Sie in der Hotelbranche aktiv?

Unser erster Auftrag war das Seehotel Leonie vor genau zehn Jahren.

Gibt es schon weitere Vorhaben in diesem Bereich?

Es gibt bereits spannende, neue Projekte. Aber die sind noch nicht spruchreif.