Zeitgenössische Architektur in Bayern

Design vor dem Produkt - Ausstellung und Tischgespräch in der Galerie Filser & Gräf


Designer in Tafelrunde
Der Herr des Designs: Prof. Florian Hufnagl, Leitender Direktor der Neuen Sammlung in der Pinakothek der
Moderne, führte gewohnt souverän und spritzig durch die Diskussionsrunde Fotocredit: Patrick Löffler

Die Räumlichkeiten allein sind inspirierender Traum - die Inhalte dafür umso spannender: Gleich zweimal sorgte Galerist Cico Graef in den letzten Wochen für (über-)volles Haus: Gemeinsam mit Kurator Tobias Glaser widmet er sich der spannenden Aufgabe, Bildende Kunst und Design in seiner Galerie unter einen Hut zu bringen. Zur Ausstellungseröffnung strömten im November bald 300 Gäste in die ehemalige Metzgerei in die Tattenbachstraße im Lehel, die im Hauptraum mit denkmalgeschützter Kacheldecke aus der Jugendstilzeit glänzt und weitere außergewöhnliche Ausstellungsflächen in den alten Backsteingewölben des Kellers bietet.

Einen Höhepunkt der Ausstellung, zu der renommierte Produkt-Designer Arbeiten zwischen Kunst, Design und Kommerz ihre jeweilige Gestaltungsauffassung präsentieren sollten, setzte das Tischgespräch am vergangenen Dienstag, das Europas Nr. 1 in Sachen Design, Prof. Florian Hufnagl moderierte, Leitender Direktor der Neuen Sammlung in der Pinakothek der Moderne.

So spannend, wie Hufnagl die Initiative der Galeristen findet, die sich als einzige in Deutschland dem Thema Design verschrieben hat, so interessiert war das Publikum, dass wie zur Ausstellungseröffnung auch zum Tischgespräch in wahren Scharen strömte.

Seine Interpretation des Themas „Design vor dem Produkt" - „für mich der Grund, warum wir Design sammeln - das ist viel mehr als nur ein Produkt, Design vor dem Entwurf ist eine Idee, ein Gedanke". Der Gedankenaustausch der Designerrunde verlief zunächst wunderbar harmonisch - sehr zum Leidwesen des Moderators, der gerne ein bisschen mehr Pfeffer in der Runde gehabt hätte (gegen Ende war es dann ansatzweise soweit, dass die Ansichten der Designer ein wenig auseinander gingen).

Durchaus große Namen hatte Kurator Tobias Glaser für das Projekt gewinnen können, wie Nitzan Cohen, Prof. Peter Naumann, Bibs Hosak-Robb, die sich beispielsweise ganz dem situativen Design verschrieben hat - also eher der Beziehung vom Nutzer zum Produkt: „Es geht nicht um das Design der 20. Kaffeemaschine - es geht darum, den Genuss des Kaffeetrinkens in den Mittelpunkt zu stellen."

Als „Befreiungsschlag" im Vergleich zu dem, was er sonst so tue, erachtete Nitzan Cohen, der dritte Name in Deutschlands Designspitzentrio neben Grcic und Diez, sein Werk für die Ausstellung, den „Isolator", sieht er „eher als Frage als als Antwort". Zu Recht, faszinierende Formen, edle Ausführung - allein der Nutzen des Objekts erschließt sich eher nicht.

Fazit aller teilnehmenden Designer war unisono, dass sie das Projekt sehr inspirierend und überraschend fanden - auch weil sie sich gefordert sahen, aus dem Alltagsgeschäft heraus mal wieder ihre eigentlichen Intentionen zu hinterfragen.

Dass auch das Design an sich und dessen Akteure gleich mit in einer absoluten dinglichen Überflussgesellschaft immer wieder in Frage gestellt werden müssen, darüber war sich die Runde einig, Plädoyers für mehr Nachhaltigkeit, neue Authentizität wider groteske Überfrachtung und exzessives Ausleben formaler Spielereien schlossen die Tafelrunde. Schönes Schlussstatement von Bibs Hosak-Robb: „Wir können alle besser werden, auch wir Designer!"

Noch lange nach Ende der Diskussionsrunde entspannen sich angeregte und anregende Gespräche im Nachgang - womit ein Ziel, das nicht zuletzt Prof. Hufnagl enorm am Herzen liegt, schon erreicht ist: Das Bewusstsein für Design will geschärft sein, die Gespräche darüber dürfen nicht abreißen - und die Galerie Filser & Gräf hat für München einen überaus begrüßenswerten Schritt dazu in die richtige Richtung getan. Wir sind gespannt auf weitere Projekte.

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Hier der Link zu einem Ausschnitt des Gesprächs auf youtube