Wie sehr das Filetstück im Herzen der Stadt die Menschen bewegt war deutlich an der Zahl der Besucher zu erkennen: Über 400 wollten am vergangenen Dienstag dabei sein in den nun längst verwaisten Redaktionsräumen des Süddeutschen Verlags, wohin die Architekturgalerie und Graphisoft gemeinsam zur Diskussionsrunde geladen hatten. Etliche Interessierte mussten aufgrund strenger Auflagen draußen bleiben. Nun sollte man meinen, die Einladung zur Diskussion und Information darüber, wie das ehemalige Gelände von Abendzeitung und Süddeutscher Zeitung künftig aussehen wird, hätte auch die Stadt München gut laden können… nichtsdestotrotz ist es schön zu sehen, wie interessiert Münchens Bürger an der Entwicklung ihrer Stadt sind.
Auf dem Podium alle, die letztlich maßgeblich mit der Umgestaltung des Areals der ehemaligen Hofstatt (unter diesem Namen tritt auch das neue Projekt auf) zwischen Sendlinger Straße, Färbergraben, Hotter- und Hackenstraße zu tun haben: Der Schweizer Architekt Marcel Meili, der sein Konzept vorstellte, Stadtbaurätin Elisabeth Merk, Oliver Frank, Sprecher für den Bauherren und neuen Eigentümer, sowie Philosophie-Professor Julian Nida-Rümelin. Geführt wurde die Diskussionsrunde vom Städtebau-Experten Markus Lanz von der TU München.
Spannend wird es allemal für den Münchner Bürger, dieses Gelände gleich neben dem Marienplatz, für sich zu erobern, war die Tageszeitungshochburg doch bislang tatsächlich nur denen zugänglich, die dort gearbeitet haben. So sieht Meilis Plan vor, über mehrere Eingänge Passagen durch den neuen Gebäudekomplex zu schaffen – allerdings „viel offener“ als das bei den Fünf Höfen beispielsweise der Fall sei. Wohnungen, Büros und Läden in den Passagen machen die Hofstatt dann künftig quasi zu einer eigenen kleinen Stadt in der City. Genau da setzt Nida-Rümelin an – selbst wenn er der Stadt München durch deren weitsichtige Planung bescheinigt, bislang keine Exklusiv-Ghettos für die Reichen der Stadt geschaffen zu haben. Dabei bringt er den einen oder anderen ins Staunen mit der Feststellung, in München sei der Anteil an Migranten ungleich höher als in Berlin. Dass im allgemeinen Berlin als die Stadt mit dem höchsten Ausländeranteil im Bewusstsein ist, spricht wiederum für die gute städtebauliche Planung in der Landeshauptstadt. Ghettobildung und Ausgrenzung ist hier weder in der einen noch in der anderen Richtung nötig. München multikulti also – aber natürlich stellt sich dennoch kaum jemand die Frage, bei zu erwartenden Mietern in den Läden wie Versace & Co. und ebenso bei den großzügigen Grundrissen der vorgestellten Wohnungen, wer denn nun schließlich nach Fertigstellung in die neue alte Hofstatt einziehen werde.
Dass in derart exklusiver Lage kein Wohnraum für den Durchschnittsverdiener entsteht, ist natürlich klar. Dass die Münchner Bürger dennoch von der Neugestaltung des Areals profitieren werden, liegt für Stadtbaurätin Elisabeth Merk auf der Hand. Was zunächst mit der Neugestaltung von Rindermarkt und Jakobsplatz und dem gerade fertig gestellten Angerviertel mit dem Linde-Neubau in der City begonnen hat, wird sich durch den Neubau der Hofstatt fortsetzen. Die Fußgängerzone werde entlastet, die Durchlässigkeit ins Hackenviertel ermöglicht. Wenn auch dieser Öffnung „ein Opfer gebracht“ werden musste, so Marcel Meili, nämlich der Abriss des denkmalgeschützten „Schwarzen Hauses“, des Schreiber-Baus am Färbergraben. Eine Diskussion, die hinlänglich geführt wurde, und am Ende der Diskussionsrunde auch nur noch einen empörten Architekten aus dem Publikum auf den Plan rief…
Luba Carabajacova