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Vier Fragen an...

Agnes Förster, Initiatorin der Konferenz 'Shaping regional futures', über das Potenzial von regionalen Entwurfsansätzen für München...

Die gemeinsame Konferenz vom 14./15. Oktober der TU München und der TU Delft hat vielfältige Ausprägungen und Anwendungsfälle Regionalen Entwerfens in Europa untersucht und diese im Hinblick auf ihre planerischen und politischen Wirkungen überprüft.

Interview mit Initiatorin Dr.-Ing. Architektin Agnes Förster, Stadtplanerin DASL und Wissenschaftliche Mitarbeiterin Technische Universität München, Lehrstuhl für Raumentwicklung

Wie definiert sich Regionales Entwerfen versus Regionalplanung?
Eine Region entsteht aus der jeweiligen Aufgabenstellung heraus, die häufig grenzüberschreitend ist. Die Regionalplanung findet aber innerhalb einer klaren Grenzziehung statt. Demgegenüber entsteht beim Regionalen Entwerfen die Grenze einer Region aus einer Entwicklung heraus. Je nachdem kann sich das auch in unterschiedlichen Maßstäben abspielen. Demzufolge muss man die Akteure, die für die jeweilige Problemlösung zuständig sind, mit ins Boot holen. Regionales Entwerfen spielt sich im Gegensatz zur Regionalplanung nicht innerhalb einer Institution oder einer Grenze ab sondern setzt das Thema, die Aufgabe in den Mittelpunkt.

Wie wird Regionales Entwerfen in München umgesetzt?
Es gibt einen Regionalplan und es gibt einen regionalen Planungsverband. Wir interessieren uns aber dafür, dass man das nicht so stark als Regulativ sieht in dem Sinn: hier soll nicht gebaut werden, oder: hier soll eine Trasse hin. Wir arbeiten darauf hin, dass das Ganze entwicklungsorientierter wird, dass sich die Akteure darüber hinaus ein Bild machen von dem Raum, der entstehen soll. Das Regionale Entwerfen bringt neue Ideen, neue Lesarten. Es ist ein interaktiver, offener Prozess. Man beschäftigt sich mit Themen, die für die jeweilige Region Potenziale haben. Die Innovationskomponente steht im Vordergrund, neue Vernetzungsmöglichkeiten, neue Sichtweisen. Im Entwurfsmodus kann man ein Problem besser verstehen und neue Lösungsansätze entwickeln als im konkreteren Planungsmodus.

Welche Problemstellungen gibt es in München, die man mit regionalen Entwurfsstrategien angehen könnte?
Ein Thema wäre sicher die Wohnraumentwicklung, weil man nicht nur über die rechtliche Flächenverfügbarkeit sprechen müsste, sondern über die Art der gewünschten Quartiersentwicklung im regionalen Maßstab. Man sollte in diesem Zusammenhang nicht nur über Quantitäten reden, sondern sich Fragen nach der Raumqualität, nach dem Nachbarschaftsgefüge oder der Vernetzung stellen. Das könnte man mit regionalen Entwurfsansätzen vielleicht besser lösen. Es geht darum, den öffentlichen Nahverkehr und das Freiraumnetz stärker mit Siedlungsentwicklungen zusammen zu bringen. Wenn man Aspekte, die man sonst eher einzeln betrachtet wie z.B. das Thema Wasser, Landwirtschaft, Klima – wenn man die mittels Regionalem Entwerfen in übergeordnete Zusammenhänge bringt, entstehen interessante teilräumliche Entwicklungspotenziale.

Gibt es Erkenntnisse aus den Kongress-Workshops?
Regionales Entwerfen ermöglicht es, sich Ziele zu geben in einer Region. Das ist eine normative Frage: Was wollen wir eigentlich? Und das muss dann von der Politik getragen werden. Regionales Entwerfen ist ein informeller Prozess, dabei entstehen keine Regulative, keine neuen Instrumente, es ist vielmehr ein Denkanstoß, der auf ganz unterschiedlichen Ebenen aufgegriffen werden kann. Es lohnt sich, das kreative Potenzial einfach einmal zu testen, es sich zu erlauben, solche übergeordneten räumlichen Bilder überhaupt zu entwickeln und aufzuzeichnen – z.B. in Form eines Think Tanks. Da herrscht in München leider noch eine große Skepsis betreffend des Mehrwerts...