Zeitgenössische Architektur in Bayern

Qualität im Wohnungsbau

Letzten November hatte Stadtbaurätin Merk zu dem Workshop geladen, um das Thema „Qualität im Wohnungsbau" mit verschiedenen Akteuren aus Wohnungsbau, Architektur, Politik und Verwaltung zu diskutieren...

Hier geht's zur Dokumentation des Workshops…

Hintergrund
Der Zuzug nach München ist ungebrochen, der Bedarf an neuen Wohnungen größer denn je. An vielen Orten der Landeshauptstadt wird deshalb gebaut, die Frage nach Qualität im Wohnungsbau ist in aller Munde. Doch wie lässt sich diese Qualität definieren? Und wie kann sie umgesetzt, geschweige denn gesichert werden? Mit diesen Fragen haben sich am 6. November auf Einladung des Referats für Stadtplanung und Bauordnung etwa 60 Akteure aus Wohnungsbau, Architektur, Politik und Verwaltung auseinandergesetzt. Ein wichtiges Fazit des Nachmittags: Einen einheitlichen Qualitätsbegriff gibt es nicht.

Stadtbaurätin Professorin Dr.(I) Elisabeth Merk hatte zu dem Workshop geladen, weil sie das Thema „Qualität im Wohnungsbau" in ihrer zweiten Amtszeit stärker betonen möchte. München sei „Weltmeister" im Wettbewerbe-Ausloben und gebe sich viel Mühe dabei, so Merk. Zudem habe man für alle größeren Wohngebiete Beratergremien, in denen Fachleute und auch Stadträtinnen und Stadträte sitzen. Dennoch seien die Ergebnisse nicht immer optimal. „Deshalb brauche ich Sie und die Debatte darüber", sagte die Stadtbaurätin.

Beispiele aus den Niederlanden

Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer ließen sich nicht lange bitten und diskutierten sehr angeregt. Nach einem Impulsreferat von Professor Christian Rapp, der seit fast 25 Jahren in Amsterdam als Architekt tätig ist und Beispiele aus dem niederländischen Wohnungsbau präsentierte, hatten sie in einem „World Café" an fünf Thementischen Gelegenheit, sich über Thesen auszutauschen, die Vertreterinnen und Vertreter des Referats für Stadtplanung und Bauordnung bei einem Workshop im Juli erarbeitet hatten. Die These zum Thema „Qualitätsverständnis und Vertrieb" lautete etwa „Gutes muss nicht teuer sein". In den anderen Runden ging es um Dichte, die Zusammenarbeit zwischen Bauherr und Architekt, soziales Engagement der Akteure für die Gemeinschaft und Instrumente der Qualitätssicherung. Am Ende wurden die Ergebnisse zusammengefasst und im Plenum erneut besprochen.

Unterschiede im Qualitätsverständnis

In dem knapp vierstündigen Workshop waren sich die Teilnehmerinnen und Teilnehmer einig, dass sich Qualität zwar im Material und der Fassadengestaltung eines Gebäudes zeigen kann, alle Akteure – Investoren, Architekten und Nutzer - jedoch ein anderes Verständnis davon haben. Dass auf dem angespannten Münchner Immobilienmarkt quasi jede Wohnung einen Abnehmer finde, schade dem Qualitätsanspruch. Gleichwohl sei Qualität keine Frage des Marktes oder des Geldes, sondern des Willens von Investor und Architekt, meinten mehrere Teilnehmer. Bestes Beispiel seien Baugemeinschaften und junge Genossenschaften, die auch für vergleichsweise geringe Kosten qualitätsvolle Wohngebäude schafften. Die Stadt München müsse mit gutem Beispiel vorangehen, lautete eine Forderung. Höhere Qualität lasse sich auch durch mehr Kleinteiligkeit in den Wohngebieten erreichen, sagte eine Teilnehmerin. Darüber hinaus müsse der öffentliche Raum von Anfang an mitgedacht werden und Freiräume beinhalten, die sich die Bürgerinnen und Bürger später aneignen können. Auch die soziale Mischung in einem Quartier trage zur Qualität im Wohnungsbau bei.

Mehr Freiheit in den Entscheidungsgremien?

Um eine hohe Qualität zu erreichen, müssten Sicherungsmaßnahmen schon sehr früh greifen, etwa vor der Auslobung eines Wettbewerbs, lautete eine Forderung. Insgesamt sei eine Leitidee nötig, die gemeinsam erarbeitet werde und allen Schritten zugrunde liege. Diskutiert wurde auch über die Zusammensetzung und Größe von Wettbewerbsjurys und die Frage, ob mehr Freiheit in den Entscheidungsgremien zu mehr oder weniger Qualität führe.
Dass Dichte mehr ist als die reine Geschossflächenzahl, stand bei der Diskussion außer Frage. Es gebe auch eine gefühlte Dichte. Und: Dichte sei erträglicher, je attraktiver das Umfeld und die „Ereignisdichte" im Quartier sei.

Fortsetzung folgt

„Wir können erreichen, dass unsere Wohngebäude auch in 50 Jahren noch interessant sind", sagte Stadtbaurätin Merk. „Wir müssen den Mut haben, gemeinsam neue Wege zu experimentieren." Der Workshop habe wichtige Anregungen geliefert, die Diskussion werde in jedem Fall weitergeführt. (LH)

Fotos: © Stadt München