Zeitgenössische Architektur in Bayern

Marketing und PR für Architekten

Marketing und PR für Architekten
Frank Peter Jäger ist Herausgeber des Buches „Offensive Architektur – Präsentation, PR und Marketing für Architekten“. Er berät Architekten in Fragen von Marketing und Öffentlichkeitsarbeit und koordiniert für sie Publikationen und Büropräsentationen.

MUENCHENARCHITEKTUR.DE: Herr Jäger, hilft besseres Marketing Architekten, die Baisse im Bausektor leichter zu meistern?

Peter Jäger: Bei der gegenwärtigen Marktlage ist es alles andere als leicht, wirkungsvolles Marketing zu betreiben beispielsweise für ein junges Architekturbüro – ohne gewachsene Kontakte, ohne nennenswerte Reputation. Und dennoch bilden gezieltes Marketing bei einem engen Markt und vielen Konkurrenten die wichtigste Chance, sich zu behaupten - indem man sich von den Mitwettbewerbern abhebt und von sich reden macht. Marketing ist also in der Krise nötiger denn je. Es erfordert allerdings sehr viel Disziplin und Mut, sich auch noch Gedanken über ein Marketingkonzept zu machen, wenn einem das Wasser bis zum Hals steht.

MUENCHENARCHITEKTUR.DE: Steht dem nicht das Werbeverbot für Architekten entgegen?

Peter Jäger: Erstaunlich hartnäckig hält sich die Vorstellung, Architekten dürften nicht werben. Oft scheint mir das „Werbeverbot“ auch ein willkommener Vorwand, um das Thema auf die lange Bank zu schieben, nach dem Motto: "Ich darf ja eh nicht …" - was aber nicht stimmt: Die Architektenkammern der Länder haben ihre Richtlinien für Werbung in den vergangenen Jahren erheblich liberalisiert. Untersagt sind nur noch wenige Werbeformen, wie zum Beispiel ungezielte Massenwerbung an Verkehrsmitteln oder per Postwurfsendung - die Architekten ohnehin nichts bringen. Bei den Werbeaussagen sind sogenannte „Reklamehafte“ Slogans der Art: „Wir sind die Besten und die günstigsten“ nicht erlaubt. Die Landesarchitektenkammern, auch die bayerische, informieren auf Ihren Internetseiten oder in Merkblättern über die Einzelheiten.

MUENCHENARCHITEKTUR.DE: Sie haben gerade das Buch „Offensive Architektur“ herausgegeben. Warum schon wieder ein Marketing-Ratgeber für Architekten?

Peter Jäger: Was in den früheren Titeln meiner Meinung nach zu kurz kam, waren Hinweise für die praktische Umsetzung. „Offensive Architektur“ liefert den Architekten das Handwerkszeug, um Marketing und PR in eigener Regie zu steuern, oder gezielt nach fremder Hilfe zu suchen – von der Gestaltung der eigenen Bürounterlagen bis zur Vorbereitung eines Pressetermins. Natürlich steht da nicht drin, welches Papier jemand für seine Bürobroschüre verwenden soll – aber der Leser erfährt, was vor Beginn der Produktion alles zu klären ist. Zielgruppe des Buches sind in erster Linie Büros in der Größe zwischen zwei und zwanzig Personen.

MUENCHENARCHITEKTUR.DE: Was sind die wichtigsten Erfahrungen aus Ihrer Beratungstätigkeit?

Peter Jäger: In Fragen der Büropräsentation herrscht vielfach große Orientierungslosigkeit: Architekten sind zwar professionelle Gestalter und deswegen haben sie einen gewissen Sinn für Layout, Bilder und Schriften. Aber der zweite Blick entlarvt bei vielen „selbstgestrickten“ Bürounterla-gen dann doch den ehrgeizigen Dilettanten: Schriften werden unpassend kombiniert, es gibt zu viele entbehrliche Fotos, der Internet-Auftritt passt nicht zur übrigen Büropräsentation usw. Da bestand meine erste Aufgabe darin, ein neues Basis-Konzept für die Unterlagen zu entwickeln. Die Leute haben sich in den neuen, entrümpelten Unterlagen oft kaum wiedererkannt. Ein großes Thema ist außerdem die Frage: Was wollen wir inhaltlich eigentlich über uns sagen? Auch da herrschen oft nur vage Vorstellungen.

MUENCHENARCHITEKTUR.DE: Stichwort Internet: Wie sollten die Kernaussagen einer Präsentation im Netz lauten?

Peter Jäger: Ein guter Internet-Auftritt macht sich die Perspektive des außenstehenden Betrachters zueigen und beantwortet dessen wichtigste Fragen. Die lauten: Um was geht es hier eigentlich? Was kann dieser Anbieter für mich tun? Warum könnte dieser Architekt gerade für mich interessant sein? Was hebt ihn von anderen, ähnlichen Anbietern ab? Internet-Auftritte von Architekturbüros sind von einer solchen dialogorientierten Herangehensweise oft meilenweit entfernt, sie sind dominiert vom Dokumentieren des bisherigen Werks.

MUENCHENARCHITEKTUR.DE: Was tut ein Büro, wenn sich seine Inhaber bei der Auswahl der Projekte und Texte für Präsentationen nicht einigen können?

Peter Jäger: Ein guter Weg ist in diesem Fall, einen außenstehenden Betrachter hinzuzuziehen. Dessen Votum kann dann den Ausschlag geben. Um ein Projekt zu dokumentieren, reichen drei, allerhöchstens sechs Fotos. Um den architektonischen Rang eines Gebäudes deutlich zu machen, muss man es nicht lückenlos abbilden. Wichtiger als möglichst viele Bilder sind möglichst gute Bilder - die als Foto attraktiv sind und ein Gebäude optimal zur Wirkung bringen.

MUENCHENARCHITEKTUR.DE: Wie betreiben Architekten heute Marketing?

Peter Jäger: Generell: Mehr intuitiv als systematisch – und dabei erstaunlicherweise oft gar nicht schlecht. Die großen Büros in der Bundesrepublik betreiben zum Teil ausgesprochen professionelles Marketing, dabei wird nicht nur die Leistung des jeweiligen Büros sondern werden oft auch einzelne Bauten oder auch die Inhaber mit sehr viel Geschick zur Marke aufgebaut.
Ein Musterbeispiel, den „Chef“ immer wieder ins Rampenlicht zu rücken, ist die sehr professionelle PR-Arbeit des Büros Ingenhoven und Partner in Düsseldorf. Oder das Duo Armand Grüntuch und Almut Ernst in Berlin, die als Büro viel kleiner sind: Sie haben schon angefangen zu publizieren, als gerade zwei kleine Projekte fertig waren. Ihre erste Ausstellung 1997 bestand fast nur aus Visualisierungen! Diese offensive PR-Arbeit hat sich ausgezahlt – in den acht Jahren seitdem wurde über das Büro mehr geschrieben als über andere in drei Jahrzehnten.

MUENCHENARCHITEKTUR.DE: Urteilt der Bauherr bei der Auswahl seines Architekten nicht auch nach der Geschäftstüchtigkeit, sprich den Marketingaktivitäten?

Peter Jäger: Natürlich. Und ein Architekt, der sein Büro konsequent unternehmerisch führt, wird schon damit bei gewerblichen Auftraggebern punkten - weil es bei Ihnen Vertrauen weckt, weil er ihre Sprache spricht. Merkwürdigerweise haben noch immer viele Kollegen das Gefühl, ein geschäftsmäßiges Auftreten vertrage sich nicht mit ihrem Berufsbild – die Kammern haben der Disziplin mit dem „Ethos des freien Berufs“ lange Zeit ein Selbstbild vorgegeben, mit dem man heute leicht vom Markt gefegt wird.

MUENCHENARCHITEKTUR.DE: Wie steht es bei kleineren Büros - und was können sie besser machen?

Peter Jäger: Büros mit weniger als zwanzig Mitarbeitern leisten sich nur ausnahmsweise eine systematische Marketingarbeit. Das Bild ist hier weitgehend von einer Politik des Durchwurstelns bestimmt: Man weiß im Grunde, das Marketing und Pressearbeit die Basis der Akquise sind, schiebt das Thema aber vor sich her, oder es bleibt bei punktuellen Aktivitäten, bei Eintagsfliegen. Wenn dann mal wieder die Aufträge ausgehen, starten die Chefs ein paar Wochen lang hektische Aktivitäten, entlassen ein paar freie Mitarbeiter – und bewegen sich bald wieder im alten Trott, bis zum nächsten Beinahe-Konkurs. Systematische Öffentlichkeitsarbeit und Kundenpflege aber braucht Kontinuität und einen langen Atem. Sie kann aber gerade dazu beitragen, extreme Auslastungsschwankungen zu verhindern – und das ist für jedes Unternehmen gut.

MUENCHENARCHITEKTUR.DE: Wie können Büros mit begrenzten Ressourcen an Zeit und Geld erfolgreiches Marketing betreiben?

Peter Jäger: Indem sie viel selbst machen und sich für die Anschubphase Rat und Unterstützung von Außen holen. Außerdem gilt es Prioritäten zu setzen, und sich auf eine kleine, aber durchdachte Palette an Maßnahmen zu konzentrieren. Also beispielsweise: Erst mal eine Bürobroschüre mit wenigen Seiten entwickeln. Elementar wichtig ist es, dass die Aufgabe des "Außenministers" klar einer bestimmten Person zugeordnet ist. Das kann einmal der Büroinhaber sein, vieles spricht aber dagegen, denn wer andauernd in Meetings sitzt, hat dafür keine Zeit. Marketing-Professionalität bedeutet auch, immer mehr Verantwortung zu delegieren. Kontaktpflege und PR kosten Zeit, und die will fest eingeplant sein; etwa, indem man sagt: Der Freitagvormittag zwischen 9 und 13 Uhr gehört dem Networking.

MUENCHENARCHITEKTUR.DE: Wo liegen in der Pressearbeit von Architekten die größten Potentiale brach?

Peter Jäger: Um es auf drei knappe Punkte zu bringen: Erstens in der Zusammenarbeit mit freien Architekturjournalisten, von denen es im deutschen Sprachraum ungefähr einhundert gibt, zweitens im Bereich breitenwirksamer Medien wie Illustrierten und der Lokalbeilagen von Zeitungen und drittens bei den Fachzeitschriften anderer Branchen – die haben die Architekten noch gar nicht für sich entdeckt.


MUENCHENARCHITEKTUR.DE: Ist es besser, wenn das Büro sich für diese Aufgaben Hilfe von Außen holt – oder sollten PR und Marketing aus dem Büro heraus betrieben werden?

Peter Jäger: Bei kleineren Büros hat es sich aus der Erfahrung als die beste Lösung gezeigt, in der Startphase gemeinsam die Ziele festzulegen und die Aufgaben der Öffentlichkeitsarbeit im laufenden Bürobetrieb zu etablieren. Hilfe von Außen also für den Start. Dazu gehört es, einen Presseverteiler aufzubauen, bestimmte Mustervorlagen, z.B. für Nachfassbriefe oder Presseinfos zu entwickeln und vor allem: einen geeigneten Mitarbeiter in das Metier einzuarbeiten. Von da ab geht die Sache in die Bürointerne Regie über. Gerne zogen mich Büros bei größeren Anlässen dann wieder hinzu, zum Beispiel wenn die Fertigstellung eines großen Projekts bevorsteht.

MUENCHENARCHITEKTUR.DE: Vielen Dank für das Gespräch.

Zur Person: Frank Peter Jäger

Dipl.-Ing. Städtebau, Journalist. Schreibt als Architekturjournalist und Kritiker seit 1999 u.a. für den Berliner Tagesspiegel, die Neue Zürcher Zeitung, die Bauwelt, die db, den Baumeister, Häuser u.a. Frank Peter Jäger berät Architekten in allen Fragen von Büropräsentation, Marketing und Pressearbeit.
Seminare zu Marketing und Büropräsentation des Architekten u.a. an den Akademien der Architektenkammern Berlin, Baden-Württemberg, Hessen und Sachsen. Verfasser zahlreicher Buchbeiträge und Werkmonographien, zum Beispiel zum Berliner Werk von Oswald Mathias Ungers.

Kontakt

E-mail: werk-wort@archikontext.de www.archikontext.de Agentur für Architekturvermittlung

Das Buch
„Offensive: Architektur“ ist als Praxis-Handbuch konzipiert, das den Leser in die Lage ver-setzt, Marketingaktivitäten und Pressearbeit in eigener Regie zu steuern.