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Die neue SCHAUSTELLE rockt den Sommer

Ab dem 13. April wird alles anders. Statt von langer Hand konzipierter und in ehrwürdiger Museumsatmosphäre präsentierter Austellungen können wir diesen Sommer 6 Monate lang die vier Sammlungen (Moderne Kunst, Graphik, Architektur und Design), die in der Pinakothek unter einem - momentan wackeligen - Dach vereint sind, ausser Rand und Band erleben. Bei der Pressekonferenz am 26. Februar war unter den Akteuren regelrecht eine positive Aufregung über diese bevorstehende Zeit zu spüren. 

Die sogenannte SCHAUSTELLE (sie steht bereits) ist ein temporärer Pavillon direkt neben der Pinakothek der Moderne, an der Kreuzung Türkenstraße und Gabelsbergerstraße, der während der sanierungsbedingten Schliessung der PDM Ersatz schaffen soll. Entworfen hat sie Jürgen Mayer H. aus Berlin, ursprünglich für Berlin, wo sie aber nicht gebraucht wurde. Inspiriert wurde er dazu durch das Gerüst zum Bau seines Metropol Parasols in Sevilla. Die Baumaterialien sind zum größten Teil wieder verwendbar und werden nach Abbau der SCHAUSTELLE wieder in den Baukreislauf rückgeführt.

Die Maße:
Sie ist knapp 40 m lang, 15,5 m breit und insgesamt 18 m hoch. Im Erdgeschoss gibt es eine geschlossene Halle mit einer Größe von 265,55 qm, in die maximal 531 Personen passen. Weiterhin gibt es zwei offene Plattformen, eine auf + 6 m mit 148 qm und eine auf stolzen + 17 m Höhe mit einer Fläche von 79 qm für ca. 35 Personen und Blick über das Kunstareal.

Das Material:
Stahlrohrgerüst Grundraster 2,57x2,07 m | Außenfassade, transluzide Polycarbonat-Platten Grundraster 2,57x0,73 m und 2,07x0,73 m Fertigcontainer aus Stahl für Toiletten, Technik, Catering und Lager | Bodenplatte aus Stahlbeton, Stärke 30cm | erdgeschossige Halle als Stahlskelettbau, außen mit gedämmten Fertigpaneelen und innen mit Gipskarton zweilagig beplankt.

Baukosten:
rund 750.000 Euro

Die Finanzierung (je zu einem Drittel):

Bayerisches Staatsministerium für Wissenschaft, Forschung und Kunst
Stiftung Pinakothek der Moderne und PIN. Freunde der Pinakothek der Moderne
AUDI AG

Die Idee:
Die SCHAUSTELLE wird ein Ort der Interaktion, temporäre Kunsthalle und zugleich Raum für weit gefasste Formate und neue Konzepte. Mehr als im musealen Kontext möglich, versteht sich die SCHAUSTELLE als Plattform für transdisziplinären Austausch, Reflexion, Experiment und ergebnisoffene Prozesse.

Die Schließung der Pinakothek der Moderne während Sanierungsarbeiten für sieben Monate begreifen die vier unter ihrem Dach agierenden Museen (Architektur, Moderne Kunst, Graphik und Design) als Chance, in einem offenen Forum zu kooperieren und die kontinuierliche Interaktion zu suchen. Die in dieser Form erstmalige, thematisch und konzeptionell ineinander-greifende Zusammenarbeit der vier Institutionen lässt ein gattungsübergreifendes Programm entstehen, in dem Sound zur Architektur werden kann, Design als Performance oder Installation begreifbar wird, Choreografie eine Form der Graphik ist oder Film ein malerischer Akt.

Der Name SCHAUSTELLE weckt unterschiedliche Assoziationen. Durch seine Konstruktion aus Gerüsten und Containern verweist er unmittelbar auf die angrenzende Baustelle des Museums. Zum anderen lässt er an eine flexible, provisorische Haltestation denken, in der neue Ideen diskutiert und weiterentwickelt werden. Die SCHAUSTELLE ist Programm.

Was hier ein halbes Jahr lang passiert:
Mit der Konzeption des Programms hat man Dr. Corinne Rose - als sogenannte Koordinatorin - beauftragt. Das detaillierte Programm werde man erst kurz vor der Eröffnung bekannt geben; hier jedoch schon mal der grobe Leitfaden:

"Die Themen der SCHAUSTELLE leiten sich aus dem Wesen der SCHAUSTELLE selbst ab. Zum einen generieren sie sich aus den Spezifika der Architektur des temporären Gebäudes, wie etwa Wiederverwertbarkeit, Mobilität und das Ephemere, Transparenz, Verflechtung mit dem Stadtraum und Sensualität. Zum anderen ergeben sich die Themen aus dem Zusammenspiel der vier Museen in enger Kooperation mit externen Partnern. Das Transdisziplinäre wird dabei nicht nur als Brückenschlag zwischen den Bereichen Architektur, Kunst, Graphik und Design verstanden, sondern auch als Interaktion mitanderen Disziplinen, etwa den performativen Künsten und der Wissenschaft. Das Konzept impliziert zudem die aktive Teilhabe und Partizipation der Bürger.

Unter dem Motto Die SCHAUSTELLE erstellt sich selbst entwickeln sich einige Elemente der SCHAUSTELLE prozessual, wie etwa der geplante Loungebereich, die Bestuhlung oder die Umgebung rund um die Schaustelle. Provisorisches und Spontaneität sind erwünscht, das Prozesshafte ist die Agenda. Ein zentrales Leitmotiv des Programms ist die kritische Auseinandersetzung mit der Frage: Was ist das Museum der Zukunft?"

Meinungen:
Der neue Direktor des Architekturmuseums Andres Lepik sagte, dass er sicher sei, dass man am Ende der Laufzeit der SCHAUSTELLE bedauern werde, dass sie schon vorüber sei. Unser Minister Heubisch antwortete darauf, dass man dann ja schauen könne, ob es nicht weitergehe. Nach dem Motto "Gute Provisorien währen am längsten." Und Bernhart Schwenk, der für die Gegenwartskunst in der PDM zuständig ist, meinte gar, dass er froh sei, mal kurzfristiger und impulsiver denken zu können und dass es gut sein könne, dass die vier Häuser mutiger und leichter aus diesem ausnahmezustand hervorgehen werden...

Regine Geibel

SCHAUSTELLE | PINAKOTHEK DER MODERNE
Geöffnet ab 13. April; MI - SO 12.00-20.00 | Eintritt frei
Ecke Gabelsbergerstraße / Türkenstraße, 80333 München | Kunstareal München
Informationen und Aktuelles zur SCHAUSTELLE unter www.schaustelle-pdm.de

Zum Interview mit dem Architekten der SCHAUSTELLE Jürgen Mayer H.