Zeitgenössische Architektur in Bayern

Stilsicher

Oktober 2012 | Oliver Holy, Geschäftsführer von unserem Partner ClassiCon, verrät uns nicht nur das Erfolgsrezept des „Bell Table“, sondern erklärt uns auch die spannende Zusammenarbeit mit Architekten und Designern...

Silvia Pöhlsen: Neue Design-Klassiker, wie entstehen sie Ihrer Meinung nach?
Oliver Holy: Da gibt es sicherlich keine grundsätzliche Regel, die etwa anhand von speziellen Kriterien wie Materialität oder Form ein Möbelstück klassifizierbar macht. Ich glaube vielmehr an Bauchentscheidungen.

ClassiCon hat in Zusammenarbeit mit den Architekten Sauerbruch/Hutton für das Museum Brandhorst die Munich-Serie produziert. Kommt es öfter vor, dass Sie nach einem Architektenentwurf Möbel produzieren?

Ja, und es kommt auch immer häufiger vor: Unsere letzten Projekte, insbesondere im Ausland, wie das Goethe-Institut in Tschechien und hier in München das Inside-Hotel, aber auch Projekte, die länger zurück liegen, wie die Ausstattung des P1 in München, sind Beispiele für eine enge Zusammenarbeit mit den jeweiligen Architekten. Kaum ein Architekt macht ja die Produktentwicklung, denn ihnen fehlt oft das Knowhow über ganz praktische Aspekte wie Materialität, Ergonomie, Sicherheit usw. Hier kommt dann ClassiCon ins Spiel: Wir bieten nicht nur die Produktentwicklung an, sondern haben auch die dafür entsprechenden Hersteller und vor allem die Erfahrung. Aber das größte Potenzial einer Firma wie ClassiCon im Gegensatz zu den großen Herstellern besteht darin, dass wir auf unsere Kunden sehr flexibel und vor allem sehr schnell reagieren können.

Nach welchen Kriterien suchen Sie die Designer aus, mit denen Sie zusammenarbeiten möchten und wie sieht diese Zusammenarbeit konkret aus?

Bei Architekten ist es meistens so, dass sie schon eine grobe Vorstellung von ihrem „Wunsch"- Produkt haben. Bei Designern ist es hingegen so, dass wir oft auf sie zugehen, wenn uns ihre Arbeiten gefallen, um ihnen ein Projekt anzubieten. Nach einem Briefing beginnen sie mit dem Entwurf eines von uns „benötigten“ Produkts. Der Entwurf und die allgemeinen Arbeiten entscheiden dann über eine Zusammenarbeit.

Glauben Sie, dass die Verbindung zwischen Interior-Design und Architektur oft zu sehr vernachlässigt wird?

Meiner Erfahrung nach ist es so, dass die Architekten immer mehr versuchen die Gebäude von außen nach innen durchzuplanen – ob das immer funktioniert, sei dahingestellt. Sicherlich spielt es dabei eine wichtige Rolle, wie die Büros aufgestellt sind. Sobald gewisse Qualifikationen ansatzweise vorhanden sind, versucht das Büro diese Bereiche selbst zu übernehmen. Natürlich werden Entscheidungen aber auch von dem jeweiligen Bauherrn getragen. Wir erleben es oft, dass Bauherren mit ihren Interior-Designer zu uns kommen. Dann entscheidet dessen Ausrichtung, ob Innen und Aussen harmonieren.

ClassiCon produziert und vertreibt die Eileen Gray-Kollektion als weltweiter Lizenznehmer von Aram Designers Ltd., London. Der Adjustable Table E 1027 ist unangefochten eine Ikone des klassischen Designs – auch der neue Bell Table des jungen Designers Sebastian Herkner, der in diesem Jahr in Mailand vorgestellt wurde, fungiert ebenfalls als Beistelltisch, ist jedoch formal gesehen das Gegenteil. Glauben Sie, dass er trotzdem das Zeug zum Klassiker hat?

Der Adjustable Table wurde erst Mitte der 1970er Jahre wieder aufgelegt. Vorher war er ein halbes Jahrhundert unbeachtet und verschollen. Es gibt gewisse Produkte die über einen sehr langen Zeitraum erfolgreich laufen – wie z.B. auch unsere Lampe von Herbert Schulte, die wir seit 18 Jahren erfolgreich vertreiben. Diese Möbel haben unbedingt das Zeug zu einem Klassiker.

Der Bell Table ist zwar noch sehr jung, aber es zeichnet sich ab, dass er einen neuen Zeitgeschmack trifft, der sich im Moment eindeutig in der Interior-Szene abzeichnet – die Abkehr von kalten Materialien und Formen und die Hinwendung zu wärmeren Tönen und geschmeidigen Formen und Materialien, wie brünierte Oberflächen, Bronze, Messing und Marmor. Der Bell Table mit seinem markanten farbigen Glasfuß nimmt die Grundstimmung dieser neuen Design-Epoche perfekt auf und ist im Moment extrem gefragt!

Wo werden die Bell-Table gefertigt?

Fast alle unsere Produkte werden hier in Bayern hergestellt. Die Glasbläserei für den Bell-Table ist beispielsweise ein traditioneller Handwerksbetrieb im Bayerischen Wald, und die Stahl-Trichter werden am Tegernsee geschmiedet. Auch unsere Holzmöbel stammen von einheimischen Tischlerei-Betrieben. Diese direkten Herstellerbeziehungen sind uns nicht nur aus ökologischen Aspekten sehr wichtig – für uns ist es einfach logisch, so zu arbeiten, denn es gibt keine Verständigungsprobleme, die Transportkosten sind niedrig, und (worauf wir besonderen Wert legen) die Qualität ist einfach herausragend.

Welche Verantwortung trägt das Unternehmen ClassiCon sowohl in Hinblick auf die Zukunft des Designs in Deutschland als auch im internationalen Kontext?

ClassiCon ist inzwischen in 56 Ländern vertreten. In all diesen Ländern gibt es entsprechende Ausstellungen, in denen unsere Leitlinie – Anspruch auf eine gewisse Qualität und Design – vorgestellt wird. Dabei ist es uns wichtig, ClassiCon in Hinblick auf sein nachhaltiges Handeln und die herausragenden Produkte als deutsches Vorreiter-Unternehmen zu platzieren. Hierbei fällt mir ein Sprichwort meines Vaters ein, der immer sagte: „Offizier sein heißt vorleben.“ Dieses Vorleben ist meiner Meinung nach ganz wichtig, und ich habe die Hoffnung, dass es einem Andere dann gleich tun.

Wie wird deutsches Design im Ausland wahrgenommen?

Im Ausland erlebe ich es oft, dass die Händler denken, es wäre z.B. italienisches Design. Dennoch wird die deutsche Design-Szene immer stärker wahrgenommen. Nicht nur Konstantin Grcic, Stephan Diez und Clemens Weishaar tragen zu diesem Aufschwung bei. Das deutsche Design ist zwar etwas „kantiger“, aber eben auch sehr jung, was uns insbesondere von Italien wiederum unterscheidet. Ich bin gespannt, was aus Asien kommen wird...

Welche Möbel stehen bei Ihnen zu Hause, haben Sie ein Lieblingsstück?

Ich habe viele Lieblingsstücke und lebe daher in einem großen Mix. Natürlich ist da viel von CassiCon, aber auch der Saarinen-Tisch von Knoll International und Möbel von Moroso, Established and sons... Alles zusammen in einem Jugendstil-Haus mit feinen Details. Ich mag diese Kontraste.

Vielen Dank für das Gespräch!

Wer sich darüber hinaus ein aktuelles Bild von ClassiCon verschaffen möchte, dem sei der NEUE ClassiCon-Katalog zu empfehlen...