Zeitgenössische Architektur in Bayern

Designhotel voller Ursprünglichkeit

„Poetische Moderne" beschreibt in Worten das architektonische Konzept, nach dem der Münchner Architekt André Behncke das Waldhotel in Stuttgart-Degerloch neu gestaltet und baulich erweitert hat. Elemente der Moderne werden dabei mit poetischen Ansätzen verflochten. In jedem Detail spürt man die Nähe zur Natur.

Ob Lobby, Restaurant, Zimmer oder Suiten: Die Innenarchitektur des Waldhotels Stuttgart orientiert sich an der Natur beziehungsweise dem Naturerlebnis und übersetzt die Nähe zum direkt angrenzenden Wald in ein zeitgenössisches Erleben voller poetischer Elemente. Diese Form des kontextuellen Arbeitens ist quasi das Markenzeichen des renommierten Münchner Architekten André Behncke, Gründer und Inhaber von Behncke Architects. „Dies kam unserem Ansatz nahe, den Gästen in unserem 4-Sterne-Privathotel auch in architektonischer Hinsicht ein ganz besonderes Ambiente zu bieten, das sich vom Mainstream abhebt", erklärt Sean Sorensen, Geschäftsführer der Waldhotel Stuttgart GmbH.

Ausgangspunkt beim Entwurf der neuen Innenarchitektur des Waldhotels waren zunächst die Themen „Wald", „Hotel am Waldrand", „Natur" und das Erleben dieser Bereiche mit allen Sinnen. Zum einen haben die vielfältigen Formen der Natur und ihre große Farbenpalette die Gestaltung inspiriert, als Impulsgeber agierten zum anderen sinnliche Erfahrungen wie Sonne, Wärme, Schatten, Wind und die Haptik der Naturmaterialien.

Gekonntes Spiel mit Elementen der Natur

So inspirierte Behncke etwa bei der Auswahl der holländischen BN-Streifen-Tapeten die Unregelmäßigkeit von Baumrinden. „Die Unregelmäßigkeit der frei gezogenen Linien erinnert an die Natur sowie an Handwerklichkeit und steht in dieser abstrahierten Form für das Naturerlebnis: den Blick in den Wald", erläutert der gebürtige Deutsche mit internationaler Vita. Durchgehend findet die Vielfalt der Natur ihren Niederschlag in der Auswahl der Möbel, Tapeten, Vorhänge und Lampen so exklusiver, designorientierter Hersteller wie Gervasoni, Flexform, Terzani, Knoll, Treca Betten, Kvadrat, Philippe Hurel, Hans Grohe, Kettal, Santa & Cole, Cole & Son sowie internationaler Designer wie Matteo Thun, Patricia Urquiola, Vivienne Westwood und Philippe Starck. Die Ausführung lag in Händen von sporer plus und der Hesselschwerdt Wohnmanufaktur, beide aus Stuttgart.

Beispiele: In der Lobby werfen die Decken-„Kleeblatt"-Lampen des italienischen Herstellers Terzani abstrakte große Kleeblätter an die Decke. Der aus historischem, venezianischem Holz gefertigte große Holztisch von Matteo Thun vermittelt einen sehr ursprünglichen Eindruck. Ebenso reagieren die Zimmer ganz explizit auf den das Hotel umgebenden Wald, indem die durchscheinenden Vorhänge des dänischen Stoff-Herstellers Kvadrat den Gast direkt mit Sonne und Schatten empfangen.
In der Zeit des „Samplens" hat Behncke den Naturfokus mit Hinweisen auf die zeitgenössischen Kunst-/ Musik-/ Mode- und Designströmungen so bewusst zugespitzt, dass - wie bei einem guten Kunstwerk - vom Besucher viele Ebenen der komplexen Sinnes- und Bildsprache zu lesen sind. Für global Reisende und im zeitgenössischen Geschehen involvierte Hotel-Besucher ist die Tapete im Lindensaal der renommierten englischen Modedesignerin Vivienne Westwood mit den floralen Mustern, in die Spinnen und andere „unheimliche" Tierchen einge"woben" sind, ein ironischer und witziger Umgang mit traditionellen Mustern. Für die Klientel, die einfach ein gemütliches Hotel sucht, ist die Tapete auf den ersten Blick mit einem schönen, altmodischen, floralen Muster ausgestattet.
Doppeldeutig lässt sich die Verspiegelung der Bar lesen: Einerseits holt der große Spiegel die Natur direkt in den Raum, andererseits ist die sanft verschwommene Darstellung der Natur im Spiegel ein Hinweis auf den berühmten italienischen Künstler Michelangelo Pistoletto, der im Spiegel die Zauberformel gefunden hat, mit der sich Raum und Zeit, Stillstand und Bewegung, Subjekt und Objekt, Betrachter und Werk in einem statischen Kunstwerk vereinen lassen.

In Behnckes Architektur des Neubaus sind die Einbindung in das Ensemble und die Hinwendung zur Natur mittels großer Fenster und Balkone sowie die Schaffung eines geschützten Innenhofes die entscheidenden Merkmale. Hier gelang eine harmonische Zusammenführung mit der zum größten Teil bereits vorhandenen Architektur.

Zur Person

Dott. Arch. André Behncke, Architekt und Innenarchitekt, wurde 1962 in Lissabon geboren und studierte Architektur in Venedig. Sein Name steht unter anderem für die Innenarchitektur spektakulärer 5-Sterne-Hotels wie dem InterContinental Resort Berchtesgaden („Five Star Diamond Award 2006"), dem Schloss Elmau bei Garmisch-Patenkirchen (nominiert für „MIPIM-Award 2008", „Hotelimmobilie des Jahres" auf der EXPO 2008, 2010 ausgezeichnet als zweitbestes Hotel der Welt) und dem InterContinental Düsseldorf („Business Diamond Award 2009"). Das von ihm 2008 gegründete Architekturbüro Behncke Architects, hervorgegangen aus dem renommierten internationalen Architekturbüro Gregotti Associati in Mailand/Venedig, entwirft und realisiert Architektur und Innenarchitektur/Design mit Schwerpunkt Hotel-, Büro- und Wohnungsbau. Aktuelle Projekte sind unter anderem die Konzernzentrale der FTI Group München, Gestaltungskonzepte für die öffentlichen Bereiche des Airrail Centers Frankfurt/Main (jetzt: The Squaire), die Golfclubanlage Aschheim bei München und das SLH-5-Sterne-Hotel „Alpenhof Murnau".