Zeitgenössische Architektur in Bayern

Wettbewerb für Kirche in Poing wurde entschieden

Am 07. Juli wurde der Wettbewerb für den Neubau einer Kirche mit Pfarrhaus im Kirchenzentrum Seliger Pater Rupert Mayer entschieden.

Jury
Prof. Hannelore Deubzer Architektin, München/Berlin
Wolf Auch Landschaftsarchitekt, München
Prof. Klaus Block Architekt, Berlin
Martin Gastberger Architekt, Baureferat, Erzbischöfliches Ordinariat München
(für Hans-Jürgen Dennemarck)
Dr. Heiner Giese Architekt, Diözesanbaumeister der Diözese Rottenburg-Stuttgart
Prof. Ludwig Wappner Architekt, München

Es wurden ein erster Preis, zwei dritte und ein vierter Preis gekürt. Hier die auszüge aus den Juryurteilen:


1. Preis: Meck Architekten, München

Der Entwurf entwickelt das Kirchenzentrum als Ensemble, bestehend aus Pfarrhaus, Glockenturm und Kirche. Durch die Komposition der Kubaturen und durch die ausgewogene Gewichtung der einzelnen Gebäude entsteht eine offene, einladende Eingangssituation, die sich zum neuen Ortszentrum orientiert. Das vorhandene Pfarrheim wird selbstverständlicher Teil des Ensembles. Das dazu orthogonal positionierte neue Pfarrhaus ist funktional organisiert und garantiert für die Büroräume eine gute Erreichbarkeit und für die Dienstwohnungen mit der Orientierung nach Westen eine angemessene Rückzugsmöglichkeit. Der freigestellte, in der Höhenentwicklung zurückgenommene Glockenturm definiert die Platzkante im Osten. Für die Funktionalität des Geläutes ist dessen Höhe nicht ausreichend.

Die Kirche selbst besticht durch ihre skulpturale Qualität, die nicht nur städtebaulich wirksam wird, sondern gleichwohl einen sehr differenzierten und feierlichen Innenraum generiert. Die Introduktion über den niedrigen Eingangsbereich ist spannungsvoll komponiert und stärkt die Wirkung des im Grundriss klar gehaltenen Zentralraumes. Der Zentralraum selbst ist aufgeteilt in differenzierte Raumzonen, die allein durch die unterschiedlichen Höhen eines expressiven Deckenspiegels in Form eines Raumkreuzes und die damit generierte sehr differenzierte Lichtführung gebildet werden.

Die so sich transparent überlagernde Raumzonen geben einen angemessenen und würdigen Rahmen für Gottesdienste im kleinsten Kreis ebenso wie für Messen und Hochfeste.

Mit der Konstruktion sind keine außergewöhnlichen Anforderungen verbunden, die bei einer möglichen Realisierung Schwierigkeiten erwarten lassen. Eine Reduzierung der vorgeschlagenen Materialvielfalt würde die konzeptionelle Stärke des Entwurfes nicht schwächen. Das Preisgericht würdigt den ausgewogenen Dreiklang von Präsenz, Offenheit und Begegnung.


ein 3. Preis:
Schulz & Schulz Architekten, Leipzig


„Kommt und seht“ ist die Überschrift für den Neubau der Pfarrkirche Sel. Rupert Mayer in Poing - es ist zugleich das Motto des vorliegenden Entwurfskonzeptes, welches mit feinen, gut proportionierten Baukörpern ein kirchliches Ensemble komponiert und sich selbstverständlich in die Umgebung einfügt.

Das Ensemble aus Pfarrhaus, Kirche, Pfarrheim und Kindergarten umschließt lose einen ebenen, gemeinsamen Platz, der den zentralen Landschaftsraum durchfließen läßt, ohne auf eine maßstäbliche Fassung des Ortes zu verzichten. Der rückwärtige Campanile fungiert hierbei als Landmarke, die das kirchliche Ensemble repräsentiert und zentriert.

Der ebene Kirchplatz zwischen Pfarramt, Pfarrheim und Kirche fungiert als zentraler Treffpunkt sowie als originärer Kirchplatz.

Die leicht aus der orthogonalen Ordnung zur Gruber Straße geschwenkte Kirche erscheint an der Straße als monolithischer Quader, der sich überraschend in seiner Längswand zum Platz hin mit einem großen, querliegenden Fenster öffnet. Der Besucher gelangt von dem Platz über einem Vorraum in die abgesenkte Taufkapelle und seitlich in das Kircheninnere, das eine Circumstanz-Lösung anbietet. Die geringe Sitzplatzzahl sowie der zu klein dimensionierte Altarraum und die Empore werden vom Preisgericht kritisch diskutiert. Die gelungene Lichtführung und Lichtstimmung verleihen dem Sakralraum anderseits eine besondere Atmosphäre.

Das an der Gruber Straße positionierte Pfarrhaus bietet einen gut auffindbaren und angemessenen Anlaufpunkt für Besucher des Pfarramtes. Die Wohnung des Pfarrers an dieser Stelle ist denkbar, wenn auch suboptimal gelegen.

Das Materialkonzept mit natursteinverkleideten Wänden und Fenstern aus Eichenholz führt zu einer angemessenen und nachhaltigen Darstellung der geplanten Gebäude. Die leicht überdurchschnittliche Kubatur und konventionelle Konstruktion lassen insgesamt einen wirtschaftlichen Betrieb bei leicht erhöhten Erstellungskosten erwarten.

Den Entwurfsverfassern gelingt es durch schlichte, wohlproportionierte Baukörper ein selbstverständliches kirchliches Ensemble zu schaffen, das durch seine leisen poetischen Qualitäten das „ Kommt und seht“ subtil und plausibel zum Ausdruck bringt.

ein 3. Preis: Staab Architekten, Berlin


Die städtebauliche Antwort auf die Aufgabenstellung überzeugt mit einer einfachen, jedoch präzise gesetzten Stadtraumbildung. Die neuen Gebäude integrieren geschickt die bereits vorhandenen Bausteine der Kirchengemeinde. Mit der zentralen Lage des Kirchturms entsteht neben der Zeichenhaftigkeit ein neuer Schwerpunkt für die Gemeinde Poing.

Der besonderen Bauaufgabe angemessen werden die neuen Bausteine für Kirche, Turm und Pfarrhaus mit signifikant ausgeprägten Dachformen vorgeschlagen, die zum einen das besondere Haus ausdrücken, zum anderen auch innenräumliche Qualitäten insbesondere für den Kirchenraum erzeugen. Im Zusammenspiel von räumlicher Disposition der Baukörper und dem besonderen Ausdruck der plastischen Gebäude entsteht der einzigartige Ort mit Identität und Strahlkraft.

Der Übergang von der Gruber Straße zum rückwärtigen Landschaftsraum wird geschickt in die Gesamtplanung integriert und zu einem wesentlichen Gestaltungselement des Freiraums. Selbst ein kleiner kontemplativer Platzraum im Südosten lässt sich wie selbstverständlich in das Konzept integrieren.

Die geschickte Lage von Pfarrhaus und Kirche schafft beruhigte Eingangszonen für beide Häuser, ohne sich allzu sehr von der Gruber Straße abzuwenden.

Für die Kirchengemeinde werden vielfältig nutzbare Freiräume geschaffen, die unterschiedlichste Aktivitäten ermöglichen, ein offener Ort der Kommunikation und Gemeinschaft. Die materielle Bindung des Außenraumes, die mittels grob behauenem Naturstein für Platz und Fassaden eine besondere Maßstäblichkeit erzeugt, wird im Inneren des Kirchenraumes konsequent fortgesetzt. Auf das Irdische des Steins wird dann folgerichtig ein entmaterialisierter Dachraum aufgesetzt, dessen skulptural plastische Bearbeitung mit geschickt gesetzten Tageslichtquellen überhöht wird. Die Rustikalität des Naturstein wird dennoch kontrovers diskutiert.

Diese Rauminszenierung erzeugt die besondere Atmosphäre für den Kirchenraum und schafft darüber hinaus Feierlichkeit, die die Verfasser auch für die unterschiedlichen Sakralen Orte geschickt einsetzen.

Der Kirchenraum selbst ist wohltuend proportioniert, die Lage des Altarraums in der dargestellten Form bedarf noch essentieller Veränderungen, um die gewünschte Circumstanz- Version besser zu ermöglichen. Die Bestuhlung hinter dem Altar ist für die liturgische Feier nicht erwünscht.

Das Pfarrhaus ist in seiner Lage und Funktionalität angemessen. Die Integration der Pfarrerwohnung im Dachgeschoss bedarf einer besonderen Beachtung bei der bauplastischen Umsetzung.

4. Preis: Wandel Hoefer Lorch, Saarbrücken

Die drei kubischen Gebäude von Turm, Pfarrhaus und Kirche sind durch ein transluzentes Arkadensockelgeschoss und durch die Wahl eines einheitlichen Materials zusammengebunden. Damit wird eine prägende Raumkante an der Gruber Straße erzeugt, die den städtebaulichen Raum schließt und gleichermaßen verbindet: Der aus dieser Rahmung neu entstandene Hof ist der von der Pfarrei gewünschte Ort der Versammlung, wohin Kirchen- und Pfarrheimfoyer sich öffnen. Er öffnet sich weiter als streng gepflanzter Baumhain, der den Ort der Versammlung noch fasst, aber den Übergang in den Siedlungspark einleitet. Die Arkaden signalisieren Durchlässigkeit und Anbindung der neuen kulturellen Mitte Poings; durch das eingestellte Pfarrhaus innerhalb der Arkaden wird der Lärm der Gruber Straße in das Blockinnere zum See abgeschottet.

Kirche: Das durchlaufend transparente bis transluzente umlaufende Sockelbereich wird im Hinblick auf die Anordnung des Altarbereichs als kritisch angesehen, weil die entstehende Gegenlichtsituation den Zelebranten nur als Silhouette erscheinen lässt. Bemerkenswert ist die ornamentale Ziegelfassade, die sich als Negativform im Innenraum wieder findet und durch ihr loses Gefüge das Licht durchlässt. Der Kirchenraum selbst ist als Wegekirche ausgebildet mit Andeutungen einer Circumstanz um den Altarbereich. Der Kirchturm wächst als städtebaulich sichtbares Zeichen des neuen Kirchenzentrums an markanter und präsenter Stelle aus dem neuen Baukörper heraus.

Dem Entwurfsverfasser gelingt es zusammen mit den bestehenden Gebäuden des Pfarrheims das neue Kirchenzentrum in der Gemeinde Poing zu bilden. Es erfüllt bis auf den Kircheninnenraum alle Kriterien des Wohnens, des Arbeitens und der Versammlung innerhalb des pfarrlichen Lebens in angemessener Weise.