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ERLUS | Peter Maier über Erfolg und Mittelstand

Peter Maier Peter Maier

Die Erlus AG bietet ein breit gefächertes Produktsortiment für Dach- und Kaminbaustoffe für den Neubau ebenso wie die Sanierung oder Instandsetzung historischer Gebäude. Dabei hat der überzeugte Mittelständler Qualitätsstandards gesetzt, wie zahlreiche Patente und Auszeichnungen bestätigen: 2004 erhielt Erlus den iF Materialica Design Award für das erste selbstreinigende Tondach Erlus Lotus®, 2005 den iF material award für den LED-Leuchtfirstziegel Karat®. Regine Geibel und Jochen Paul haben das Vorstandsmitglied Peter Maier gefragt, was den Erfolg ausmacht:

Erlus gibt es seit 1842. Wie wichtig sind Tradition und Firmenhistorie, was lässt sich daraus für die Gegenwart ableiten?
Peter Maier:
Tradition ist zwar schön, weil Sie auf eine lange Vergangenheit zurückblicken können, aber deswegen noch kein Wert an sich. Die interessante Frage dabei ist, wie Tradition das Selbstverständnis eines Unternehmens prägt.

Eine lange Tradition bedeutet ja aber auch, in der Vergangenheit das ein oder andere richtig gemacht zu haben...
Es ist ungeheuer interessant, sich die Geschäftsberichte der 1930er, 40er und 50er Jahre anzusehen: Die Themen waren im Prinzip dieselben wie heute - Produktqualität und -gestaltung. Beispielsweise wird unsere Flachdachpfanne E58 - die Zahl bezeichnet das Erscheinungsjahr - seit über 50 Jahren nahezu unverändert angeboten und ist mit über 1,5 Mrd. Stück die meistverkaufte Flachdachpfanne Deutschlands. Ebenso der Karat aus den 1970er Jahren: Als Ziegel, der heute noch seinesgleichen sucht, ist er sowohl wegen seiner Formensprache wie auch wegen seiner Funktionalität bei Architekten sehr beliebt: Er lässt sich bei entsprechender Unterkonstruktion auf bis zu sieben Grad Dachneigung verlegen - bis heute ein Alleinstellungsmerkmal, das belegt, welche Arbeit in der Produktentwicklung geleistet wurde und wird; bis hin zum ersten selbstreinigenden Tondachziegel, dem Erlus Lotus. Alles Gründe dafür, dass Erlus nicht der Konsolidierung der Branche zum Opfer fiel, sondern seinen Weg erfolgreich weiter ging.

Erlus ist eine AG, die großen Wert darauf legt, als Mittelständler wahrgenommen zu werden. Was ist der Hintergrund, und was unterscheidet einen Mittelständler von einem Konzernunternehmen?
Vor 20 Jahren gab es 30 Tondachziegelhersteller, heute sind es noch neun. Vor 15 Jahren war Erlus einer der größten Hersteller Bayerns, heute sind wir bedingt durch die Konsolidierung der kleinste: Wir machen 100 Mio. EUR Jahresumsatz, unsere Wettbewerber sind in erster Linie internationale Konzerne mit Umsätzen von 1 Mrd. EUR und mehr pro Jahr. Insofern sagt die Rechtsform nur bedingt etwas über die Unternehmensgröße aus, entscheidend sind die Strukturen: Wie wird das Unternehmen geführt, wer sind die Anteilseigner? Bei Erlus halten zwei Familien zusammen die Mehrheit der Anteile, und von allen relevanten Kennzahlen her sind wir ein typisch mittelständisches Unternehmen: langfristig in der Betrachtung, langfristig in der Planung - wir denken nicht in Quartalen, sondern daran, den Unternehmenswert langfristig zu steigern. Das verstehen wir unter Mittelstand, und das trägt entscheidend dazu bei, mit unseren - ebenfalls mittelständisch geprägten - Hauptzielgruppen Baustoffhandel und verarbeitendes Gewerbe auf Augenhöhe kommunizieren zu können.

Was ist mit Ihren ehemals 30 Wettbewerbern passiert?
Ein Teil davon ist vom Markt verschwunden, die überwiegende Mehrzahl wurde zwischen 2003 und 2007 von internationalen Konzernen übernommen. Im selben Zeitraum hat sich der Markt für Tondachziegel von 130 Mio. Quadratmeter auf 76 Mio. Quadratmeter nahezu halbiert.

Wie wichtig sind Designpreise und -auszeichnungen, und was haben Sie dafür getan, sie zu bekommen?
Als innovatives und designorientiertes Unternehmen beauftragen wir häufig externe Industriedesigner mit der Gestaltung unserer Produkte. Wir glauben daran, dass wirtschaftlicher Erfolg nur mit gut gestalteten Produkten zu erreichen ist, und deshalb melden wir unsere Produkte auch bei den entsprechenden Designwettbewerben an - letztes Endes geht es dabei um sichtbare Zeichen der Wertschätzung. Zuletzt ist uns das mit dem ARCHI-TECTUM gelungen, für den wir den iF Material Award in Gold bekommen haben - für uns die vorläufige Krönung einer Reihe von mittlerweile 12 Auszeichnungen und der Beweis dafür, dass wir auf dem richtigen Weg sind, das Produkt Tondachziegel über eine gestalterische Differenzierung gegenüber dem Wettbewerb aus der Vergleichbarkeit herauszuholen.

Wie macht sich ein Design Award bemerkbar?
Das lässt sich sehr schön am Beispiel des ARCHI-TECTUM verfolgen: Entstanden als reines Konzept-Produkt für die BAU 2009, hatten wir zunächst nicht daran gedacht, ihn in die Kollektion aufzunehmen. Erst die positive Resonanz der Architekten veranlasste uns, den Ziegel zur Marktreife zu entwickeln, und seit der Auszeichnung und der damit einhergehenden Veröffentlichungen liegen uns inzwischen mehrere hundert Anfragen vor. Insofern besteht selbst in einer eher konservativen Branche wie der unseren die Möglichkeit, Akzeptanz für Innovationen zu schaffen - jetzt müssen wir beweisen, dass der ARCHI-TECTUM auch ein wirtschaftlicher Erfolg wird.

Was unterscheidet den ARCHI-TECTUM von einem herkömmlichen Dachziegel?
Herkömmliche Dachziegel sind in der Regel kleinformatig: zehn bis 15 Stück pro Quadratmeter - beim ARCHI-TECTUM sind es dagegen 0,75 Stück pro Quadratmeter. Weil der Ziegel alleine in der Länge bis zu drei Meter abdecken kann, lassen sich mit ihm sehr homogen und ruhig wirkende Dachflächen gestalten.

Viele Unternehmen positionieren sich heute als Dienstleister - wie stehen sie dazu?
Unser Kunde ist klassischerweise derjenige, der die Rechnung bezahlt: Das ist in unserem Fall der Handel. Wir sehen uns in erster Linie als Anbieter eines Produkts, für das wir eine sehr hohe Kompetenz haben: Wir „können" Dachziegel, wir „können" auch Kamine. Wir sehen zwar auch, dass wir den Servicegedanken verstärken müssen, sind aber nicht so vermessen, uns deshalb schon als Dienstleister zu betrachten: Mit Service meinen wir, unseren Kunden, dem Baustoffhandel, zu helfen, das Produkt an den Endverbraucher zu bringen. Dafür tun wir heute bereits sehr viel: angefangen bei der Produktqualität über die Logistik - die Ware dann komplett zur Verfügung zu haben, wenn sie der Kunde braucht - bis hin zur Clusterung unseres Sortiments in die Themenbereiche Universal, Großfläche, Sanierung, Historisch - Erlus ist einer der wenigen Dachziegelhersteller, die in der Lage sind, historische Ziegel individuell nachzufertigen -, Mediterran, Design und Selbstreinigend. Sie sind das Ergebnis einer Arbeit, die über anderthalb Jahre untersuchte, worin die Vorteile unserer eigenen Produkte gegenüber dem Wettbewerb bestehen, und die zu dem Ergebnis kam, dass sie sich am besten über die genannten Themenwelten kommunizieren lassen. Darüber hinaus reicht unsere Akquisitionskette durchaus bis zum Endverbraucher, zum Architekten und Planer als Meinungsbildner und zum Verarbeiter.

www.erlus.de