Zeitgenössische Architektur in Bayern

Wohn- und Geschäftshaus Leopoldstraße

Das Haus steht auf einer durchgehenden Parzelle von der Leopoldstraße zur Franzstraße. Das Baugeschäft Oberberger hatte hier seit Generationen seine Geschäfts- und Lagerräume. Etwa 1993 entschied Josef Oberberger dort mit den Architekten einen Neubau zu errichten. Es war ein langer Genehmigungsweg. Wirkliche Probleme gab es nicht – trotzdem viele behördliche Bedenken. 

Der Entwurf sah von Anfang an einen turmartigen Abschluß der „bürgerlichen" Straßenzeile der Leopoldstraße vor. Dem groben (in Größe und Architektur) Hertie-Nachbarn sollte ein zarter und selbstbewußter Bau „beiseite"-stehen. Das Haus nimmt Nachbargiebel und –first der südlichen, bürgerlichen Häuser auf. Nach dem Beispiel des Hauses von Scharoun am Kaiserdamm in Berlin läßt es sich respektvoll auf das Steildach des traditionellen Nachbarhauses ein, bevor es seine eigene körperhafte Präsenz als abschließendes Haus übernimmt.

Die gesamte Hausoberfläche hat stehende schmale Fenstertüren und quadratische Fenster, eine Lochfassade. Das Spiel sucht de Ausgewogenheit vertikaler und horizontaler Betonung. Keine vertikale Feierlichkeit oder horizontale Bänderung, sondern eine durchlöcherte, durchstanzte (holografische) Fläche. Die ganze Fassade ist, einschließlich Fenster und Vordach, gelb eingefärbt. Nach blau, rot und grün fiel die Wahl auf ein Gelb zwischen Kürbis und Mais, münchnerisch und doch nicht. Die Farbgestaltung wurde zusammen mit Erich Wiesner entwickelt.

Das Vorderhaus hat zwei Läden, eine Bäckereifiliale und ein italienisches Schuhgeschäft. Das Leopold-Kino, eines der ältesten in München, das im Nachbarhaus, das ebenfalls der Familie Oberberger gehört, untergebracht war, ist jetzt in das Untergeschoß gezogen, mit 3 neuen Kinos. Das „Hofhaus" das an der Franzstraße liegt, hat vier 2-Zimmer-Wohnungen und vier Maisonette-4-Zimmer-Wohnungen. Es nimmt sich in Gestalt und Oberfläche zur Franzstraße zurück. Dort gibt es keinen Anlaß für einen Akzent. Alle Obergeschoße des Vorderhauses sind von Ärzten gemietet. Dort gibt es ganz oben zwei Maisonette-Studios.

Die Stadteinfahrt nach Schwabing wird jetzt von dem schmalen, leuchtenden Turm wesentlich bestimmt. Von der Entfernung körperhaft – genauer kubisch am „Ende" rund abgeschliffen erobert er die Aufmerksamkeit für die Schwabinger zurück. Nachdem der markante, mit schwarzem Glas verkleidete Turm von Prof. Franz Hart einer Allerwelts- Glas- und Lamellenarchitektur von Prof. Fred Angerer gewichen ist, macht der gelbe Davidsturm dem blassen, bläulichen Goliath nun die Macht streitig.  

Veröffentlichungen
Baumeister, 6/00
Abendzeitung München, 30.07.99
Süddeutsche Zeitung 08.09.99, Oliver Herwig

Die Informationen sind uns vom Verlagshaus Braun www.verlagshaus-braun.de zur Verfügung gestellt worden und als Printversion im Buch "Architektur neues München" von Nicolette Baumeister www.buero-baumeister.de zu sehen.

Fotos © Franziska von Gagern, München

  • Standort

    Leopoldstrasse 78
    80802 München
    Kartenansicht (Google Maps)

  • Bauherr

    J. Oberberger

  • Fertigstellung

    1999

  • Baukosten

    12.8 Mio. DM

  • Baumaßnahme

    Neubau

  • Bauweise

    Stahlbeton

  • Kennzahlen

    BGF 5.000 m²
    HNF 1.800 m²
    BRI 17.000 m³