NS-Architektur:Was München vom Nazi-Wahnsinn blieb

München:  Bauten des Nationalsozialismus

Während der Nazizeit war das Haus der Kunst sonntags ein Ausflugslokal mit weiß gedeckten Tischen zwischen den monumentalen Säulen.

(Foto: Johannes Simon)

Haus der Kunst, Musikhochschule oder eine ganze Mustersiedlung: Überall in München stößt man auf Architektur der Nationalsozialisten. Wie soll man heute damit umgehen?

Von Wolfgang Görl (Text) und Johannes Simon (Fotos)

Nachdem der britische Architekt David Chipperfield jüngst seine Pläne zur Renovierung des Hauses der Kunst präsentiert hatte, die im Wesentlichen darauf hinauslaufen, den Monumentalbau wieder in den Originalzustand zurückzuführen, ist die Debatte um den Umgang mit der NS-Architektur in München wieder aufgeflammt.

Das "Haus der Deutschen Kunst", wie es in der NS-Zeit offiziell hieß, ist ein Werk Paul Ludwig Troosts, Hitlers Lieblingsarchitekten, und es diente nach seiner - man scheut das Wort in diesem Kontext - "Einweihung" im Juli 1937 als maßgebender Ausstellungsort jener völkischen Kunst, welche die NS-Ideologie von den Künstlern einforderte.

Man muss schon die Geschichte des Dritten Reichs vollkommen ausblenden, um im Auftritt des neoklassizistischen Museumsbaus, in den mächtigen Mauerblöcken, dem monumentalen Säulengang oder der auf Überwältigung angelegten "Ehrenhalle" nicht eine Manifestation des nationalsozialistischen Kunst- und Weltbildes zu sehen, eine Stein gewordene Kampfparole, die sich nicht zuletzt gegen die Moderne richtet.

Die Frage ist: Soll man die staatsterroristischen Zwecke des Gebäudes wieder gänzlich freilegen, sie - am Ende noch unkommentiert - ausleuchten, wenn auch in der guten Absicht, die Macht- und Verführungsinstrumente der Nazis sichtbar zu machen? Dient der Rückbau tatsächlich der kritischen Vergegenwärtigung der Geschichte, oder gehören die späteren Versuche, den Ungeist des Hauses zu kaschieren und das Gemäuer, salopp gesagt, zu entnazifizieren, nicht ebenso zu seiner Historie, die ungeschehen zu machen auch wieder eine Art Geschichtsklitterung wäre?

Tragen diese Mauern, wie der frühere Direktor Christoph Vitali mal behauptete, tatsächlich keine Schuld? Oder hat der Architekturhistoriker Winfried Nerdinger, der Gründungsdirektor des Münchner NS-Dokumentationszentrums, recht, der in seinem 1993 erschienenen Buch "Bauen im Nationalsozialismus" davor warnte, die einschlägigen Bauten von ihrer Funktion im NS-Staat abzutrennen und allein ihre architektonische Qualität zu würdigen, womöglich noch in der Absicht, den Steinen die verlorene Unschuld zurückzugeben?

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