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Eine Nacht im 9-Quadratmeter-Kunstwerk

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München - "Schöner wohnen" am Wittelsbacher Platz: Redakteur Matthias Bieber hat eine Nacht im Kunstwerk von Alexander Laner verbracht - ein Erfahrungsbericht:

Wer in der Brienner Straße unterwegs ist, hat das Häuserl auf dem Wittelsbacher Platz schon gesehen. „Schöner wohnen“ nennt Künstler Alexander Laner sein Projekt, mit dem er auf die Wohnungsnot in München aufmerksam machen will. Dazu hat er eine Anzeige geschaltet („Luxussaniertes Baudenkmal in Toplage, Stadthaus München“) und einen Besichtigungstermin publiziert. Mieter für eine Nacht war Redakteur Matthias Bieber. Ein Erfahrungsbericht.

Geschafft! Der Bieber wohnt endlich mal so richtig luxuriös, in Toplage. Er hat ein eigenes Haus mit eigenem Garten und überdies eine Dachterrasse, von der er huldvoll die Münchner grüßen kann. Zwei, drei kleine Haken hat die Geschichte. Erstens: Ich bin nur Nutzer, nicht Besitzer. Zweitens: Ich konnte das Luxus-Leben nur 24 Stunden genießen. Nicht, weil ich so ein mieser Mieter bin, sondern weil’s so im Vertrag stand. Und drittens: Das mit dem huldvoll Grüßen hatte sich irgendwann erledigt – weil es von Samstag auf Sonntag regnete.

Doch der Reihe nach: Im Rahmen der städtischen Kulturreihe „Hoffentlich öffentlich“ konnte der Redakteur Matthias Bieber einen Tag und eine Nacht in der Kunst verbringen. Zu verdanken ist das schmucke Stück mit rund neun Quadratmetern dem Münchner Künstler Alexander Laner (38). Für die Schlüsselübergabe am Samstagabend habe ich mich natürlich bewerbungsmäßig in Schale geschmissen – inklusive der furchtbarsten Krawatte meines Sortiments, die meiner strahlenden Vorfreude angemessen Ausdruck verleihen sollte. „Die ist wirklich hart“, kommentiert Künstler Laner. Und er muss es schließlich wissen.

Wie wohnt es sich so? Wer nicht klaustrophobisch veranlagt ist, hat seine helle Freude. Spezl Johannes Rubner hat einen Tischgrill mitgebracht, die hauseigene Bar (zur freien Verfügung) bietet Wein und Wasser. Der Rollrasen (Grundstücksfläche: 42 qm) ist (noch) tadellos in Schuss, und hinterm Haus steht, festgefügt und aus Holz, das Häuserl.

An Besuch mangelt es auch nicht. Einmal schaut eine Freundin vorbei und bringt gleich Salz und Brot mit, wie es sich zum Einzug gehört. Und dann: Unmengen Neugieriger, denen wir großzügig unser Luxusvillachen zeigen. Alle, aber auch wirklich alle sind begeistert. Nun ja, vielleicht außer dem Pizzaboten, der des nachts fünf Mal um das Denkmal kreiste, weil er sich unter der Adresse „Direkt beim Denkmal auf dem Wittelsbacher Platz“ nichts vorstellen konnte. Aber er nahm’s mit Humor.

Den habe ich übrigens auch gebraucht, als der müde Körper um 3.51 Uhr jäh aus dem Schlaf gerissen wurde. Da bumperte es gewaltig an der Türe. Zum Glück habe ich beherzigt, was Künstler Laner mir vorher schon riet: „Sperren Sie ab, wenn Sie zu Bett gehen. Das ist ein öffentlicher Raum und wird auch so empfunden.“

Und wer darf hier wohnen? Jeder, der sich erfolgreich bewirbt. Das geht nur beim Besichtigungstermin (der nächste steht noch nicht fest, weitere Informationen gibt es im Internet unter www.immowelt.de). Eine Übernachtung kostet 45 Euro für die schmale Börse, 85 Euro für den dickeren Geldbeutel. Der kann allerdings nicht so dick sein wie die Beule, die ich mir auf dem Weg zur Dachterrasse (Vorsicht, Decke!) geholt habe. Egal. Die Beule habe ich mir ja in Toplage geholt.

Matthias Bieber

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