Zeitgenössische Architektur in Bayern

Dancing Mirrors

Seit dem 06. Juni schwingt sich eine elegante Pendelwelle von Ingo Maurer und Sebastian Hepting über der Rolltreppe des neuen Münchner Einkaufsquartiers Forum Schwanthalerhöhe. Auch Shoppen muss ja heutzutage Instagram tauglich sein.

Bei der Pendelwelle „Dancing Mirrors" handelt es sich um eine raumgreifende, fast 10 Meter hohe und 17 Meter breite kinetische Installation aus 24 Pendeln unterschiedlicher Länge, die mit den Gesetzen und der Magie der Physik spielt. Beauftragt wurde Ingo Maurer von dem Innenarchitekturbüro Schwitzke & Partner, das für die Hanseatische Betreuungs- und Beteiligungsgesellschaft mbH (HBB) den Umbau des Objekts plante und umsetzte.

Ingo Maurer rief für das Forum Schwanthalerhöhe einen internen Wettbewerb in seinem Designteam aus. Die Wahl fiel auf die Kreation Dancing Mirrors von Sebastian Hepting. 

Die Choreographie der Kugeln ist an die Naturgesetze gebunden. So pendeln die Kugeln beim Anschwingen zunächst als geschlossene Linie hin und her, aber nach kurzer Zeit bilden sich Schlangen- und Wellenmuster aus, bis die Kugeln durcheinander tanzen. „Die Pendelwelle spiegelt im wahrsten Sinne des Wortes die spielerische Freiheit, die Dynamik und den starken Bezug zur Natur wider, der sich durch unsere Produkte und Projekte zieht", fügt Ingo Maurer hinzu. Die charakteristische Verbindung von Poesie und Technologie prägen das gesamte Werk des Lichtdesigners. Sebastian Hepting freut sich über das Ergebnis seiner Installation: „Die „Dancing Mirrors" erfüllen die Erwartungen unserer Auftraggeber in besonderer Weise. Die Gäste des Einkaufszentrums können die Pendel nicht nur fotografieren, sondern sich auch in den silbernen Pendeln spiegeln. Gemeinsam mit den Schaufenstern und anderen Passanten entsteht ein Spiel der Illusionen", erläutert Hepting seinen Entwurf.

Die Magie der Physik

Für die Pendelwelle wurden 24 Hohlkugeln aus Edelstahl mit unterschiedlicher Länge installiert. Sie werden jede Stunde mechanisch angeschwungen. In den folgenden 60 Minuten vollenden die Pendel in einem festgelegten Zeitraum eine aufsteigende Anzahl von ganzen Schwingungen. Das Pendel ist ein physikalisches Phänomen der Natur. Für Ingo Maurer gehört das Pendel zu den kinetischen Erlebnissen, die sich in ihrer Ruhe auf unser Wohlbefinden auswirken − eine Eigenschaft, die im hektischen Treiben eines Shoppingcenters zur Entdeckung der Langsamkeit und Entspannung führt.

Die harmonische Schwingung eines Pendels um seinen Ruhepunkt ist voller faszinierender Beobachtungen: Die Beschleunigung zum tiefsten Punkt hin, der Richtungswechsel am Scheitelpunkt bei dem das Pendel für einen kurzen Moment zu stehen scheint, die Umwandlung von potentieller in kinetische Energie. Beim Multipendel kommt eine weitere physikalische Eigenschaft ins Spiel, die maßgeblich für das Pendel ist: Die Schwingungsdauer eines Pendels hängt ausschließlich von seiner Länge (und der Fallbeschleunigung) ab. Unterschiedlich lange Pendel oszillieren somit unterschiedlich schnell.

Im Zentrum der Reflexion

Ein weiteres Phänomen ergibt sich aus den reflektierenden Oberflächen der Pendel: Die verspiegelten Kugeln scheinen sich in der Umgebung aufzulösen. Der konvexe Spiegel fasst die Umgebung in einer Art 360° Panorama zusammen, in dessen Zentrum sich immer der Betrachter befindet. Die Lichtstimmungen, die durch Oberlicht und künstliche Beleuchtung entstehen, lassen sich in den einzelnen Kugeln wieder erleben. Auch kommt es durch Mehrfachspiegelungen zu enormen Tiefenwirkungen und spannenden Illusionen. Letztendlich entsteht das Erfahren der eigenen Person durch die Bewegung und Reflexion im Raum.