Zeitgenössische Architektur in Bayern

artouro Ergebnisse

Bayerischer Tourismus Architektur Preis – 1 Preisträger aus 6 Nominierungen - hier die Projekte

Im Rahmen einer feierlichen Preisverleihung im Staatlichen Museum Ägyptischer Kunst in München haben Bayerns Wirtschafts- und Tourismusministerin Ilse Aigner und der Präsident der Bayerischen Architektenkammer Lutz Heese mit dem Projekt „Konzertsaal Blaibach" des Architekten Peter Haimerl den Gewinner des Wettbewerbs um den Bayerischen Tourismus Architektur Preis „artouro 2016" ausgezeichnet. Das Projekt setzte sich in einem hochkarätigen Teilnehmerfeld aus 58 Bewerbungen durch, darunter sechs Nominierungen.

Bayerns Wirtschafts- und Tourismusministerin Ilse Aigner verwies in ihrer Ansprache auf auf den phönizischen Schriftsteller Antipatros von Sidon, der in der zweiten Hälfte des 2. Jahrhundert v. Chr. einen Reiseführer in griechischer Sprache schrieb und darin eine Topliste der schönsten Sehenswürdigkeiten erstellte – heute bekannt als 'Die sieben Weltwunder'. „Wir machen etwas ähnliches: Mit dem artouro zeichnen wir heute die schönsten Tourismusbauten aus, die in den vergangenen vier Jahren in Bayern geschaffen wurden. Wir würdigen damit die herausragende Leistung bayerischer Architekten und Bauherren. Der Wirtschaftsfaktor 'Tourismusarchitektur' bekommt mit dem Preis den öffentlichen Stellenwert, der ihm gebührt, denn er ist ein wichtiger Entscheidungsfaktor bei der Reisewahl." Ein Viertel der Gäste würden Architektur als wesentliches Auswahlkriterium bei der Hotelwahl berücksichtigen, rund die Hälfte Innenarchitektur und Ambiente.

Martin Spantig, Geschäftsführer der Bayern Tourismus Marketing GmbH, sieht beim Preisträger eine weitere Vorreiterrolle bestätigt: „Der diesjährige Gewinner zeigt für ganz Bayern vorbildhaft, dass zeitgenössische Baukultur maßgeblich zu erfolgreichen Impulsen im Kulturtourismus auch im ländlichen Raum führen kann."

Laudatorin Prof. Dr. Felizitas Romeiß-Stracke beobachtet, dass „seit ein paar Jahren Architekten wieder mehr Augenmerk auf Schönheit statt auf Selbstverwirklichung legen." Zwar habe das Konzerthaus Blaibach schon einige Preise gewonnen, aber „...wenn's gut ist, ist es halt gut." Das Projekt stünde für Mut und kulturellen Anspruch. An dieser Stelle konnte sie sich einen kleinen Seitenhieb auf die Landeshauptstadt nicht verkneifen: „Wir wissen ja, dass hier in München pausenlos um die Akustik gerungen wird."

Preisträger des „artouro 2016"

Konzerthaus Blaibach (Blaibach, Landkreis Cham, Oberpfalz)
Bauherrin: Gemeinde Blaibach
Architektur: Peter Haimerl . Architektur, München

Bewertung der Jury: In der Gemeinde Blaibach wurde die Ortsmitte durch ein neues Bürgerhaus, die Neunutzung von drei historischen Häusern und einem Konzertsaal in beispielhafter Weise revitalisiert. Die Best‐Platzierung beim „artouro 2016" verdienen die Gemeinde als Bauherr, Architekt Peter Haimerl und der international renommierte Bariton Thomas Bauer gleichrangig und gemeinsam für den Mut, in einer rund 2000 Einwohner zählenden Gemeinde im Bayerischen Wald dieses städtebauliche Experiment zu wagen und umzusetzen. Das Konzerthaus Blaibach ist in Funktion und architektonischer Qualität herausragend, insbesondere der Konzertsaal selbst in seiner kargen, aber selbstbewussten und unverwechselbaren Gestaltung, ist sehr eindrucksvoll. Gleichzeitig besitzt der Saal eine ausgezeichnete Akustik. Der Innovationsgehalt des Entwurfes besteht vor allem darin, dass es gelungen ist, mutige moderne Architektur in die kleinteilige Ortsstruktur zu setzen, ohne sie zu dominieren. Der Dorfplatz erhielt eine, wenn auch ungewöhnliche, neue Mitte. Die touristische Strahlkraft hat sich bereits bewiesen. Für die Region steht Blaibach inzwischen für architektonischen Mut und kulturellen Anspruch. Im Laufe der Zeit werden sich erhebliche regionalwirtschaftliche Effekte für Hotellerie und Gastronomie bemerkbar machen. Mehr zum Projekt in unseren Architekturhighlights.


Nominierungen

Haus der Berge, Informations- und Bildungszentrum (Nationalpark Berchtesgaden, Oberbayern)
Bauherr: Freistaat Bayern, vertreten durch das Staatliche Bauamt Traunstein
Architektur: Staatliches Bauamt Traunstein/ Mitwirkende: Atelier Brückner, Stuttgart; Leitenbacher Spiegelberger Architekten Innenarchitekten Stadtplaner, Traunstein

Bewertung der Jury: Der große Bau setzt sich mit seiner Architektur gegenüber der traditionellen Bauweise des Ortes sehr dezidiert ab. Er korrespondiert nicht mit dem städtebaulichen Umfeld, sondern mit der dominanten Kulisse der Berge. Eine mutige Entscheidung. Die Flachbauten und Kuben in unterschiedlicher, der Bergwelt entlehnter Materialität sind reizvoll am Hang angeordnet. Bei entsprechender Beleuchtung, in der die Berge sich in der dominierenden „Vitrine" spiegeln, entstehen Effekte mit starker Signalwirkung. Die Innenräume sind funktional auf die Dauerausstellung „vertikale Wildnis" und Wechselausstellungen zugeschnitten. Sie bilden in ihrer Gestaltung ausstellungsbedingt teilweise einen Kontrast zur modernen Architektur.

Biohotel Pausnhof (St. Oswald, Naturpark Oberer Bayerischer Wald, Niederbayern)
Bauherr: Johann Simmet, St. Oswald
Landschaftsarchitektur: Landschaftsarchitekturbüro Wagenhäuser, Töging am Inn

Bewertung der Jury: Im Umfeld eines historischen Bauernhauses, heute ein Biohotel, wird ein neuer Garten gebaut. Die Anlage spielt mit den Elementen des klassischen Bauerngartens und übersetzt sie klug, den aktuellen Bedürfnissen und einer modernen Formensprache entsprechend. Nahe dem Haus liegt ein Sitzplatz mit Naturpool mit angenehmen Holzterrassen. Im gekonnten Kontrast dazu erfolgt eine Abschirmung durch eine Betonwand, es entsteht ein intimer ruhiger Raum, der Entspannung und Erholung signalisiert. In der Nähe des Hauses sind die Flächen rational und architektonisch gestaltet, Kräuter und Gemüse sind von der Küche aus schnell und trockenen Fußes erreichbar. Die modern gestalteten Hochbeete erleichtern die Arbeit wesentlich. Etwas entfernter, in einer großen Obstwiese, liegt ein weiterer Gemüsegarten. Auch er ist offen und Teil des Hotelgartens. Es besticht die Ästhetik des Nützlichen und des Nachhaltigen. „Bio" ist hier nicht nur als ein Etikett, sondern als eine durchgängige Haltung sichtbar.

Ferienhaus am Auerbach (Oberaudorf, Oberbayern)
Bauherren: Armhard und Eck, München
Architektur: Christine Arnhard Innenarchitektin und Markus Eck Architekt, München

Bewertung der Jury: Ein auf einer Wiese freistehendes Ferienhaus, ein Plus‐Energie‐Haus mit massiven Wänden aus Holz und Lehm. Es zeigt sich eine ökologisch vorbildliche Architektur, die auch ästhetisch hohen Ansprüchen genügen kann. Das Häuschen bietet auf 125 mÇ viel Raum auf halbversetzt übereinander gestapelten, offenen Ebenen. Die für das Ferienwohnen in unseren Regionen besonders wichtige Atmosphäre im Innenraum erscheint ‐ trotz der sehr modernen Innenraumgestaltung – gemütlich. Die beiden Terrassen sind eine willkommene Erweiterung in die freie Natur, ihre Konstruktion lässt den Bau leicht und transparent erscheinen. Das Ferienhaus erhielt eine Anerkennung, weil es dem Trend zum individuellen, naturbezogenen und gestalterisch hochwertigen Ferienwohnen sehr gut entspricht.

Jugendherberge Nürnberg (Mittelfranken)
Bauherr: Deutsches Jugendherbergswerk Landesverband Bayern e.V., München
Architektur: Fritsch+Knodt&Klug, Nürnberg

Bewertung der Jury: Die 500 Jahre alte Kaiserstallung der Nürnberger Burg wurde energetisch und denkmalgerecht zu einer modernen Jugendherberge umgebaut. Fassade und Dach blieben in der originalen Gestalt erhalten. In den Innenräumen im Erdgeschoss, insbesondere im Eppeleinsaal, im Bistro und der Bar sind die historischen Strukturen noch gut erkennbar (Gewölbe, Balkendecken). Sie erhalten durch die Beleuchtung und Möblierung mit Design‐Objekten eine moderne Atmosphäre und eine für eine Jugendherberge zunächst überraschende Großzügigkeit und Aufenthaltsqualität. Die Zimmer haben trotz der für eine Jugendherberge erforderlichen Möblierung mit Stockbetten durch Material‐ und Farbwahl eher gehobenen Hotelcharakter. Insgesamt ein gelungenes Beispiel des Eingehens auf moderne touristische Ansprüche auch im Niedrigpreis‐Segment.

Burgsaal Parsberg (Oberpfalz)
Bauherr: Stadt Parsberg
Architektur: Architektengemeinschaft Gebauer.Wegerer.Wittmann, Regensburg

Bewertung der Jury: Um das Burgareal in Parsberg, bestehend aus Bergfried, Burggärten, Schlossanlage und Kirche, aufzuwerten und touristisch besser nutzbar zu machen, wurde ein multifunktionaler Veranstaltungssaal am Hang unterhalb des Bergfriedes neu gebaut. Sowohl die städtebauliche Anordnung des neuen Saalgebäudes mit einem Vorplatz und einer Freilichtbühne als auch die Gestaltung des Neubaus zur historischen Burganlage sind sehr gut gelungen. Die Bezüge zwischen der historischen Burganlage und den Neubauten werden gekonnt inszeniert. Die Architektursprache ist sehr klar und kräftig. Sie bildet einen Kontrapunkt zu den historischen Bauteilen, mit denen ein spannungsvoller Dialog aufgebaut wird. Proportion, Farbe und Materialien der Neubauten trumpfen nicht auf, sie reflektieren gekonnt die historische Situation und sind doch sehr modern. Der touristische Effekt besteht u.a. heute schon darin, dass vermehrt Touristen insbesondere Architekturtouristen nach Parsberg kommen.

„artouro" – einzige staatlich vergebene Auszeichnung für Tourismusarchitektur in Deutschland
Der Preis soll architektonischen Mut und Weitsicht in der für Bayern wichtigen Leitökonomie würdigen und Anreize für eine Zusammenarbeit zwischen Architektur und Tourismus setzen. Teilnahmeberechtigt am Wettbewerb um den „artouro 2016" waren Bauherren und Architekten von touristischen Bauten im Freistaat, die zwischen 2012 und 2015 fertig gestellt wurden. Der Preis wird seit 2011 zum dritten Mal verliehen.

Der Fachjury des „artouro 2016" aus Touristikern, Architekten und Fachjournalisten gehörten an:

Dr.-Ing. Wolfgang Bachmann, Journalist und Publizist, Gabi Czöppan, FOCUS-Kulturredaktion, Stefan Hanninger, Format Elf Architekten, Architekt und Preisträger „artouro 2013", Rudolf Scherzer, Vizepräsident der Bayerischen Architektenkammer, Prof. Hartmut Raiser, Architekt und Innenarchitekt, Prof. Donata Valentien, Landschaftsarchitektin, Prof. Dr. Felizitas Romeiß-Stracke, Plattform für Tourismusarchitektur, Ursula Schelle-Müller, Marketing Motel One Group, Dr. Martin Spantig, Geschäftsführer der Bayern Marketing Tourismus GmbH. Gast und sachverständiger Berater: Dr. Gert Bruckner, Abteilungsleiter Mittelstand, Handwerk, Tourismus im Bayerischen Staatsministerium für Wirtschaft und Medien, Energie und Technologie. Den Vorsitz führte Prof. Donata Valentien. Die Laudatio sprach Prof. Dr. Felizitas Romeiß-Stracke.