Zeitgenössische Architektur in Bayern

Leo-von-Klenze-Medaille verliehen

Feiern wir die Architekten...

Bis auf den letzten Platz gefüllt ist die Allerheiligen-Hofkirche in der Münchner Residenz am Montag, den 7. April. In feierlicher Atmosphäre zollen die hochrangigen Gäste den Preisträgern der Leo-von-Klenze-Medaille 2014 ihre Anerkennung. Es sind Prof. Dipl.-Ing. Architektin Christiane Thalgott, Prof. Dipl.-Ing. Architekt Fritz Auer, Dipl.-Ing. Fritz Sailer und Dr. Ing. Kurt Stepan die sich über diese Auszeichnung freuen.

Es ist eine besondere Auszeichnung in diesem Jahr, die die Oberste Baubehörde für herausragende Leistungen in der Architektur, im Wohnungs- und Städtebau und im Ingenieurbau vergibt. Der Todestag Leo von Klenzes, erster Leiter der Obersten Baubehörde und Namensgeber der Medaille, jährt sich 2014 zum 150ten Mal.

Die Allerheiligen-Hofkirche, als Ort der Preisverleihung, ist bedacht gewählt. Von Klenze entwarf sie Anfang des 19. Jahrhunderts für den damaligen Kronprinzen Ludwig. Schwer zerstört im zweiten Weltkrieg, behutsam durch Hans Döllgast wieder aufgebaut und vor ca. 10 Jahren durch das Architekturbüro Guggenbichler und Netzer modernisiert, steht sie sinnbildlich für das Auf- und Ab der Obersten Baubehörde (OBB) und Ihrer Konventionen. Der Preis gibt Anlass für eine schriftliche Zusammenfassung zur Geschichte der OBB. In dem Sonderheft „Bauen für Bayern" der Edition Bayern des Hauses der Bayerischen Geschichte werfen verschiedene Autoren einen Rück- und Ausblick in die Bauaufgaben des Freistaates. Ein interessanter Band mit über 140 Seiten, vielen Abbildungen und Einblicken in die verschiedenen Handlungsfelder – vom Kunst am Bau bis zur Verkehrsinfrastruktur – ist dabei entstanden.

Innen- und Bauminister Joachim Herrmann überreicht die Leo-von-Klenze-Medaille als „Zeichen des Dankes und der Anerkennung" an die Preisträger. Er betont die Leistungen dieser wie folgt:

Professor Dipl.-Ing. Christiane Thalgott hat in ihren 15 Jahren als Stadtbaurätin in München wichtige Weichen gestellt, die die Stadt heute maßgeblich prägen (...). Mit der "Perspektive München" entstand unter Thalgotts Führung ein strategisches Stadtentwicklungskonzept zur Gestaltung der Zukunft Münchens. Darüber hinaus wurde während ihrer Amtszeit die "Sozialgerechte Bodennutzung" (kurz SoBoN) eingeführt. Ihre Regularien sorgen dafür, dass die Kosten und Lasten einer Planung auf Kommune und Planungsbegünstigte verteilt werden. Das Instrument hat sich zu einer wahren Erfolgsgeschichte entwickelt (...) Und schließlich wurden während Thalgotts Amtszeit im Experimentellen Wohnungsbau wichtige Modellprojekte realisiert (...). Als Lehrbeauftragte mehrerer Hochschulen, seit 2003 auch als Honorarprofessorin an ihrer alten Alma Mater, der TU München, hat sie sich um die Lehre verdient gemacht. Außerdem engagierte Thalgott sich in zahlreichen Verbänden, Stiftungen und Forschungseinrichtungen für die Verbindung von Wissenschaft, Lehre und Praxis. So wurde sie 1989 in die Deutsche Akademie für Städtebau und Landesplanung berufen. Ab 1998 waren Thalgott zunächst ihre Vize-präsidentin und von 2003 bis 2007 sogar ihre Präsidentin."

Prof. Dipl.-Ing. Architekt Fritz Auer ist als Architekt und Hochschullehrer weit über die Grenzen Bayerns hinaus anerkannt und hoch geschätzt. Sein bauliches Werk, das er in Partnerschaft mit Carlo Weber geschaffen hat, überzeugt durch konstant herausragende Leistungen. Schon als junger Architekt und Partner im Architekturbüro Behnisch & Partner war Auer am Entwurf und an der Realisierung eines der größten und innovativsten Bauprojekte seiner Zeit – die Bauten und Anlagen der Olympischen Sommerspiele in München 1972 – wesentlich beteiligt. 1980 gründete Auer gemeinsam mit Carlo Weber sein eigenes Büro Auer+Weber+Assoziierte, in dem er bis heute wirkt (...). Im wahrsten Sinne des Wortes "ausgezeichnete" Projekte in Bayern sind das Landratsamt Starnberg, das Stadttheater in Hof, die Eiserne Brücke über die Donau in Regensburg, der Alte Hof sowie die U-Bahnstation Westfriedhof in München. Gemeinsam mit der Staatsbauverwaltung hat Auer die zentrale Mensa der TU München in Garching realisiert. Auch ein spektakuläres internationales Projekt in der Atacamawüste in Chile ist zu erwähnen. Das sogenannte "ESO Hotel" des European Southern Observatory wurde für die Mitarbeiter des Paranal-Observatoriums als Wohnmöglichkeit gebaut (...) Über seine freiberufliche Tätigkeit hinaus zeichnet sich Auer durch großes Engagement in Lehre und Forschung, in Jurys und Beratergremien aus. In Bayern lehrte er als Professor für Baukonstruktion und Entwerfen an der Hochschule München (1985–1992). Außerdem war Auer in den Gestaltungsbeiräten der Städte Landshut und Regensburg vertreten und ist bis heute als Preisrichter tätig. Im Oktober 2013 war Auer Vorsitzender des Preisgerichts für den „Klenzesteg" in München. Der Steg soll als Fußgänger- und Radwegbrücke zukünftig auf Höhe der Klenzestraße die Stadtteile Au und Isarvorstadt verbinden."

„Dipl.-Ing. Fritz Sailer konnte schon während seiner Schulzeit im elterlichen Ingenieurbüro Einblicke in die Welt des Bauingenieurwesens gewinnen. 1962 hat er das Studium des Bauingenieurwesens an der Technischen Hochschule München aufgenommen. Bereits zwei Jahre später begann er als Konstrukteur im Büro seines Vaters, Karl Sailer. Im Juli 1966 wurde Sailer im Alter von nur 23 Jahren zusammen mit Kurt Stepan Gesellschafter im "Büro Sailer und Stepan" – wie es fortan hieß. Sein besonderes Interesse gilt bis heute den Aufgabenstellungen im Bereich der Denkmalpflege. Ein sehr gelungenes Beispiel ist dabei die Sanierung und der Ausbau der Cadolzburg für Museumszwecke. Neben seiner praktischen Tätigkeit engagiert sich Sailer seit vielen Jahren ehrenamtlich in der Bayerischen Ingenieurekammer-Bau."

„Dr. Ing. Kurt Stepan suchte bereits während seiner fünfjährigen Ausbildung an der Höheren Technischen Lehranstalt in Linz die Nähe zur Praxis und arbeitete studienbegleitend in verschiedenen Architektur- und Ingenieurbüros. 1956 nahm er dann das Studium des Bauingenieurwesens an der TH München auf, bevor er zur Fachrichtung Architektur wechselte. Im Büro von Karl Sailer war Stepan schon während seines Studiums als freiberuflicher Mitarbeiter tätig. 1966 trat er dann ins Büro ein und wurde gemeinsam mit Fritz Sailer Gesellschafter. Schließlich promovierte Stepan 2004 an der Technischen Universität München am Lehrstuhl für Tragwerksplanung. Bei seinen Tragwerksentwürfen legt Stepan besonderes Augenmerk auf die Einbeziehung architektonischer und wirtschaftlicher Aspekte. Seine zahlreichen Auszeichnungen, wie der Beton-Preis, der Preis des Deutschen Stahlbaus und der Deutsche Holzbaupreis, zeigen die hohe Qualität seines Wirkens mit den verschiedensten Materialen. Neben seiner freiberuflichen Arbeit engagiert sich Stepan seit vielen Jahren ehrenamtlich im Vorstand des Architekturmuseums der TU München."

Prof. Thalgott formuliert eine kurze Dankesrede an die OBB und spricht ehrlich über eine derartige Auszeichnung: Fitz Auer, Kurt Stepan, Fritz Sailer und Sie nehmen die Medaille im Namen aller ihrer Mitarbeiter und Unterstützer an; im konfliktreichen Trubel und Stress das alltägliches Baugeschäfts tut ein derartiges Innehalten und der Dank und die Anerkennung „wirklich gut" wie Sie betont und geschieht viel zu selten. Bei einem Blick in die Zukunft erhofft Sie sich den baldigen Neubau des Münchner Hauptbahnhofs nach dem Entwurf von Auer Weber als gebührendes Entree einer Weltstadt. So bleibt zu hoffen, dass auch Entscheidungsträger der Bahn an diesem milden Frühlingsabend den Weg zu dieser stimmungsvollen Baukultur-Feier gefunden haben...