Zeitgenössische Architektur in Bayern

Welfenhöfe - Eine Gebäudefaltung

Städtebaukonzept 

In München steht nicht nur beim Oktoberfest die Tradition hoch im Kurs. Dass dies sein Gutes hat, kann man bei der Konzeption der Wohnhöfe an der Welfenstraße beobachten, dessen städtebauliches Konzept von den Münchener 03 Architekten stammt und das an die kompakten Blockrandbebauungen des Stadtteils Haidhausens anknüpft. Für die konkrete architektonische Ausformulierung dieser Struktur wurden zudem Peter Ebner, Hild+K und Stefan Forster aus Frankfurt eingeladen. Die insgesamt drei Wohnhöfe enthalten in erster Linie Wohnungen, aber auch einige Büros und Gewerbeflächen sowie zwei Kindertagesstätten. Mit Bezug zum Quartier und das unmittelbare Umfeld, auf den architektonischen Körper im städtischen Raum wurden die Fassaden und Höfe, die Wohnungen und ihre Freiräume entwickelt.

Die beiden Bauteile, die von Peter Ebner konzipiert wurden, liegen zwischen den Trakten von Stefan Forster. Diese Situation macht sie Ebner zueigen und er übersetzt sie in eine konkrete Gestalt: Als ob man die Trakte in einen Schraubstock gespannt und diesen ein paar Mal kräftig angezogen hätte, falten sich die Fassaden der beiden sechsgeschossigen Flügel. Mit dieser markanten Physiognomie schafft er Differenz zu den anderen Bauabschnitten und gibt der Fassade einen hohen Wiedererkennungswert. An der Südseite – also zum Innenhof bzw. zum Grünraum des Münchener Ostfriedhofs – interpretiert Ebner das rhythmische Vor- und Zurückspringen der Fassade als eine Zone, die wie ein Puffer vor den Wohnungen liegt. Tatsächlich bilden diese verschränkten Gebäudefalten rautenförmige Balkons, die zum jeweiligen Nachbarn hin spitz auslaufen.

Innenhofgestaltung

Der mittlere Innenhof, der „Löwenhof“ wird von einem puzzleartigen Heckenlabyrinth geprägt, dessen organisch geformte Nischen verschiedene Aufenthalts- und Spielformen bieten. Sandspielbereiche, Wipp- und Balanceobjekte sind in die grünen Heckenräume eingelassen, ebenso große, sofaartige Sitzgelegenheiten. Das Heckenlabyrinth wird gerahmt von einem breiten Saum farbenfroher Blütenpflanzen. Kirschbäume spenden Sitz- und Spielnischen Schatten und bilden einen lichten Filter gegenüber den umliegenden Wohnungen.

Die frei geformten Sitzobjekte, die sich in den Heckennischen an die Pflanzenkörper anschmiegen wurden eigens für diese Situation entwickelt. Ihre differenzierten, organischen Formen laden zu formellem und informellem Sitzen ein. Mit ihrem Magentafarbton bilden sie den Höhepunkt des Farbkonzepts im Löwenhof, das die gebäudebegleitenden Staudenrabatten und die Kinderspielgeräte mit einschließt und einen lebhaften Kontrast zu den silbergrauen Fassaden der Wohnbauten schafft. Entwurf und Entwicklung der Bänke stammen aus eine Zusammenarbeit zwischen Landschaftsarchitektin Elke Berger und Architekt Norman Herwig.

Wohnungstypologie

Die Wohnungen sind in unterschiedlichen Arten als unterscheidbare Angebote formuliert. Hier wird ausgespielt, was man am straffen Typus des Blockrandbebauung oft schätzt, nämlich die große Variabilität nach Innen. Da gibt es kleinteilige Wohnungen, aber auch die großzügigen „Flats“ und Maisonetten, die sich als Einspänner, um den Erschließungskern mit Treppenhaus und Lift organisieren. Der Wohnraum fließt um diesen Nukleus, die dienenden Funktionen, sei es das Bad oder Abstellräume, liegen wie Verwirbelungen an den Rändern der Bewegungszonen.

Nach diesem Blick ins Innere der Wohnungen, noch ein Wort zu Materialisierung des Baukörpers. Die einheitlich verputzten Mauerflächen, erscheinen je nach Lichteinfall und Tageszeit in einem Grau bzw. in einem gebrochenen Weiß, also zurückhaltend und dennoch strahlend, so wie die gesamte Anlage.

  • Standort

    Welfenstraße
    81541 München
    Kartenansicht (Google Maps)

  • Bauherr

    Bayerische Hausbau International GmbH

  • Fertigstellung

    2012

  • Baumaßnahme

    Neubau

  • Kennzahlen

    Grundfläche Gesamtprojekt: 25.560 m2
    Grundfläche Wohnbau Ebner: 4.209 m2
    Geschoßfläche Wohnbau Ebner: 9.960 m2
    Wohneinheiten: 78 Wohnungen
    Verhältnis GF/WF: 81,5%

  • Andere Fakten

    Entwurfsteam: Peter Ebner, Patrick von Ridder, Birgit Bucher, Hermann Eger, Thomas Kosiec, Georg Räß, Gerhard Hass